Fastenpredigt in der Passionszeit (orientiert an Seiner Eminenz Leo Kardinal Scheffczyk). Der Sinn der PASSION CHRISTI: das freiwillige Selbstopfer Jesu Christi mit Seinem kostbaren Blut am Kreuz. Was bedeutet die heilige Karwoche für den Katholiken? Wie verstehe ich den Film DIE PASSION CHRISTI richtig?

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(Padre Alex - Kirchenrektor Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik)


Andächtige in Christus, unserem Erlöser!

Dreimal hat Jesus sein Leiden und seine Auferstehung angekündigt. "Der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber." So beim heiligen Evangelisten Markus (8,31 f.). Während die Apostel ihrem Meister durch diese Voraussagen entfremdet wurden, hatten dieselben Worte bei Maria zur Folge, daß sie sich bereit machte, die kommenden Stunden des Leidens und Sterbens in unerschütterlichem Glauben mit ihrem göttlichen Sohne zu teilen. Und nichts anderes als dieses marianische Bereitmachen, als dieses marianische Mitleiden und Mitgehen ist es, was wir uns mit der Gnade Gottes schon am Aschermittwoch vorgenommen haben - das marianische Mitleiden ist es, zu dem uns diese sonntäglichen Nachmittage im Innersten aufrütteln mögen. Ausgewählte Stationen des schmerzhaften Rosenkranzes und des heiligen Kreuzweges mögen uns Ausgangspunkt oder Begleitung sein in dieser Zeit der Gnade.

"Jesus ... ging ... zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Als er dort war, sagte er zu ihnen: Betet darum, daß ihr nicht in Versuchung geratet! Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft. Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte." (Lk 22,36 - 46) Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat. Gebet, Widerstand gegen die Versuchung, Einstimmen in den Willen Gottes, Trost und Kraft von oben - so vieles ist zu betrachten beim ersten schmerzhaften Rosenkranzgeheimnis. Vor allem treffen wir aber schon zu Beginn des Leidensweges Christi auf eine Zentralwahrheit des katholischen Glaubens und der christlichen Frömmigkeit: die Wahrheit von der Erlösung durch das "eigene Blut" Christi, die Wahrheit vom "Blut Christi, durch das uns ewige Erlösung geworden ist" (Hebr. 9,12), wie es im Hebräerbrief heißt. Mit dieser Wahrheit steht und fällt das Christentum als Erlösungsreligion.

Ein Opfer ist immer an einen Priester gebunden. Wenn aber dieses Leiden und Opfer nach dem heiligen Paulus eine "ewige Erlösung" gewirkt hat, kann es sich nicht um irgendeinen Priester handeln. Der Priester, der ein solches wirksames Opfer zustande bringen sollte, muß selbst etwas Ewiges, Übermenschliches an sich tragen. Und so weist uns das ewige Opfer der Erlösung im Blute auch schon auf die einzigartige Person Jesu Christi hin, der vom Hebräerbrief nicht einfach als Priester, sondern als der einzigartige Hohepriester bezeichnet wird, der den geheimnisvollen Priester Melchisedech und alle Hohenpriester des Alten Bundes übertrifft. Neuer Bund: das überragend Neue finden wir im Wort von der endgültigen, ewigen Erlösung. Erlösung meint ja nicht die Verbesserung der sozialen und politischen Welt, sondern Erlösung ist ein Geschehen der Sündentilgung, der Begnadung und Heiligung des Menschen, vorausgesetzt seine innerliche Umkehr. Grund und Ursache für das Erlösungshandeln Christi ist nach dem Hebräerbrief die Sünde: zunächst die Adamssünde, dann aber auch das Gestrüpp der vielen Sünden der Menschen, die aus dieser verderbten Wurzel Adams stammen. In der Sünde widerspricht der selbstherrlich gewordene Mensch dem Gott des Lebens, der Gnade und der Liebe. Er kündigt ihm aus Eigensucht die Freundschaft auf und zerreißt das Band des Lebens mit ihm. Und dieses Zerreißen des Lebensbandes muß den Menschen selbst leblos machen, ihn des eigentlichen Lebens berauben und ihm den Tod (im umfassenden Sinn des Wortes) bringen. Deshalb sagt der heilige Paulus: "Der Tod ist der Lohn der Sünde" (Röm 6,23). Als Widerstand gegen die Liebe Gottes stürzt die Sünde den Menschen in den Abgrund seiner Selbstsucht. Sie macht ihn zum Feind Gottes, stürzt ihn in die Gottesferne und gibt ihn dem endgültigen Tod preis. Aber schon hier erkennen wir gleichzeitig, wie Gottes Heilsplan die Sünde tilgen und aufheben wollte. In seiner Sünderliebe, welche die Sünde verabscheut, aber die Sünder doch nicht verläßt, damit sie umkehren, stellt er entgegen: dem Tod das Leben, dem Unheil die Gnade, dem Egoismus die selbstlose Liebe. Am größten dabei ist: Gott besiegte die Sünde mit demselben Mittel, mit dem sie ihre Herrschaft in der Welt angetreten hatte, nämlich mit dem Tod unter einem anderen Vorzeichen: Dem aus Haß und Selbstsucht geborenen Tod setzte er den freiwilligen Liebes- und Opfertod entgegen. Diese liebende totale Hingabe des Lebens im Tode zur Ehre des Vaters konnte den Sündentod von der Menschheit abziehen, sie wieder mit der Gnade und Liebe erfüllen und ihr wieder das Heil schenken.

Liebe Andächtige! "Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat." Weil das Blut in Einheit mit dem Leben als göttliche Gabe, als einzigartiges Geschenk des Schöpfers verstanden wurde, durfte man im alten Israel "Blut nicht vergießen", was einem Mord gleichkam (vgl. Gen 9,6; Dtn 21,7). Aus dem gleichen Grunde sollte man damals Blut nicht genießen (vgl. Lev 3,17; 19,26). Deshalb waren in Israel, anders als bei manchen heidnischen Völkern, Menschenopfer verboten (Lev 18,22; Dtn 12,31). Dagegen waren Tieropfer in Israel die eigentliche Gabe an Gott. Das Blut der geopferten Tiere aber gewann in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung. Mit ihm wurden der Altar und die Menschen vom Hohenpriester besprengt. Der Sinn dieser tiefen Zeremonie lag darin, daß auf diese Weise die Gemeinschaft Gottes mit dem opfernden Volk bekräftigt wurde. Das von Gott kommende Blut galt so als das Bindemittel, welches das Volk mit Gott vereinte. Deshalb wurde das Volk Israel nach dem Bund auf dem Sinai auch mit dem Blut des Paschalamms besprengt (Ex 12,13 - 27). Dieses Blut hatte reinigende Kraft und stellte die Gemeinschaft der Sünder mit Gott wieder her.

Im Neuen Bund jedoch erfährt dies alles eine endgültige Umwertung und Überbietung. Denn das einzigartige Blutopfer Jesu Christi ist gegenüber allen aus den Religionen und selbst aus dem Alten Testament bekannten Opfern etwas Unvergleichliches und Einmaliges. Im Alten Bund war Blut nur Reinigungsmittel. Im Neuen Bund jedoch ist das Blut Jesu Christi, unseres Erlösers, die eigentliche Opfergabe, und das Ausgießen des kostbaren Blutes Christi war und ist das eigentliche Opfergeschehen. Im Neuen Testament wirkt das vergossene Blut als solches die Erlösung von den Sünden, reinigt die Gewissen von den Sünden und macht den Menschen vor Gott wieder gerecht und heilig (Röm 3,25; Eph 1,7; Hebr 10,19.29; 13,12; 1 Joh 1,7 - 9). Das Alte Testament kannte eben nicht das Selbstopfer eines Gottmenschen, sondern nur Speise-, Früchte- und Tieropfer. Und wenn der Hohepriester am Versöhnungstag mit den Blut von Stieren in das Allerheiligste trat (Hebr 9,25), dann besprengte er die Bundeslade eben mit fremdem tierischen Blut, nicht mit seinem eigenen. Von Christus aber wird ausdrücklich gesagt, daß er mit seinem "eigenen Blute" (Hebr 9,12) in das Allerheiligste eintrat, d. h. vor Gott hintrat, weil er zuvor sich selbst als Opfer dargebracht hatte. In seinem kostbaren Blut stellte Christus nichts Geringeres zum Opfer vor den Vater als sich selbst. Und es leuchtet uns so auch schon das Zentrum christlicher Opfervorstellung auf, nämlich daß dieses Opfer ein persönlicher und vollkommen freiwilliger Akt war, in dem Christus sich wissentlich und willentlich für die Sünden der Menschen zur Ehre des Vaters dahingab. Die Vereinigung von Opferpriester und Opfergabe im Gottmenschen war etwas völlig Neues und Endgültiges. Der Hohepriester Jesus Christus opferte sich selbst, Priester und Gabe waren und sind dasselbe. Bei aller Ähnlichkeit zu den Opfern der frühen Religionen und des Alten Testamentes macht dieser persönliche Charakter des Leidens und Opferns Christi die Einzigartigkeit des christlichen Opfers aus. Im Hebräerbrief spricht Christus die Worte zum Vater (10,5 - 7): "Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen; an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen: Da sagte ich: Ja, ich komme ..., um deinen Willen zu tun". Damit ist der veräußerlichte Opferkult des Alten Testamentes völlig umgewandelt, an seine Stelle tritt das innere geistige Selbstopfer, das sich mit einer sichtbaren Gabe verbindet: Diese sichtbare Gabe aber ist nichts anderes als das ewige Leben des Gottmenschen, das sich in seinem kostbaren Blut konzentriert. Und eine "größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde" (Joh 15,13). Diese gottmenschliche Liebe Jesu Christi ist also die innere Seele des Opfers und zugleich die Kraft, die das Opfer so mächtig und wirkungsvoll macht.

Schmerz, Leid und die Zerstörung des Lebens allein würden noch nicht Schuld und Sünde der Menschen beseitigen können. Sondern nur, wenn dieser Schmerz, dieses Leid und zuletzt der Tod ein Ausdruck der Liebe sind, die allein den in der Sünde steckenden Haß überwinden und ins Gegenteil verkehren kann. Der freiwillige Leidensweg Christi war also ein von der höchsten Liebe des Vaters ermöglichter Akt der Selbsthingabe des Gottmenschen, der ebenfalls aus reiner Liebe erfolgte.- Das fließende Blut ist das wirkliche Geschehen der Erlösung, die liebende Hingabe des Lebens. Das Blut Christi ist der Erlöser als lebendige Person, die sich in Liebe hingibt; das Kreuz dagegen ist der Ort, an dem der Erlöser seine Hingabe vollzog. Das Kreuz hat etwas Beharrendes, Statisches an sich. Es steht über der Welt als das Zeichen der einmal und für immer geschehenen Erlösung. Das fließende Blut dagegen ist Zeichen für etwas Dynamisches, etwas Lebendiges, das dauernd webt und lebt. Darauf weisen die Worte des Priesters bei jeder Heiligen Wandlung hin, wo es immer vom kostbaren Blute heißt und wo es immer mit dem kostbaren Blut geschieht: "das für euch vergossen wird". Das kostbare Blut Christi führt uns so zur täglichen Erneuerung des Kreuzesopfers auf dem Altar des Neuen Bundes in unblutiger Weise. Die Kostbarkeit dieses Blutes und seine Kraft wurden so tief erfahren, daß der heilige Bernhard v. Clairvaux die Überzeugung aussprach, schon ein einziger Tropfen des Blutes Christi hätte die Welt erlösen können. "Jesus, der für uns Blut schwitzte". Diesen heiligen Gedanken faßte Thomas in dem Hymnus zum heiligsten Sakrament in den tiefempfundenen Vers: "Ein ein'ger Tropfen schafft die ganze Erde neu; wäscht alle Sünder rein, macht alle schuldenfrei." Weil das Blut mit dem Leib Christi eins und identisch ist, beten wir auch den Leib Christi direkt an, während wir das Kreuz nur verehren dürfen und als solches natürlich nicht anbeten können. Schon der Evangelist Johannes weist uns weiters darauf hin, daß wir das Blut Christi trinken und sein Fleisch essen sollen (Joh 6,54 - 57). Und dies tun wir bei jeder Heiligen Kommunion. Denn nach der wahren katholischen Lehre ist nach der Heiligen Wandlung sowohl unter der Gestalt des Brotes als auch unter der Gestalt des Weines Jesus Christus als Gott und Mensch ganz und unversehrt enthalten, darum also die gutkatholische Überlieferung der Heiligen Kommunion unter einer Gestalt, denn auch unter jedem Teil der Gestalt des Brotes ist der ganze Christus, ist das kostbare Blut Christi enthalten. Diesen Strom des Blutes Christi sollen wir würdig aufnehmen - bei wirklich schlechtem Gewissen niemals, ohne vorher gebeichtet zu haben, es wäre sonst Gottesraub. Ein zufriedener Selbstgenuß wäre dem kostbaren Blute Christi nämlich ganz unwürdig. Als vom Blut Christi Erlöste sollen wir Zeugnis von dieser ewigen Erlösung geben, damit sich auch die anderen einmal von diesem Blut erreichen lassen. Den Versuchungen der ersten Christen, wieder zum alten Judentum abzufallen, stellt Paulus im Hebräerbrief die erhabenste Wahrheit von der ewigen Erlösung durch das Opfer Christi in seinem Blut gegenüber. So gelten die letzten Mahnungen des Hebräerbriefes uns selbst: "Noch habt ihr nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet" (12,4). An das heilbringende Blut Christi kann nur der wahrhaft glauben, der auch selbst ein lebendiges Zeugnis dafür ablegt, das bis zum Blutzeugnis gehen kann. Es ist der gleiche Gedanke, der auch im Kolosserbrief (1,24) von Paulus verkündet wird, daß wir nämlich als apostolische Zeugen durch unsere Leiden das ergänzen sollen, was an den Leiden Christi noch fehlt. In solchem Mitleiden vereint sich das Blut des Herrn mit unserem eigenen Leben und Blut. So endet die Vesenkung in das erlösende Geheimnis des Blutes Christi zuletzt in der Bereitschaft, unser eigenes Blut und Leben mit dem des Herrn zu verbinden, mit ihm zu sterben, um mit ihm aufzuerstehen (vgl. Röm 6,4). AMEN.


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