BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG -
ENTWICKLUNG DER IDEE BEI JOHANNES MESSNER


V. ZUR BERUFSSTÄNDISCHEN ORDNUNG UND ZUM "STÄNDESTAAT"
SOWIE ZUR AUSTRAGUNG VON INTERESSENKONFLIKTEN
NACH 1945 VON UND ÜBER JOHANNES MESSNER

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(Vizeoffizial Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik - Padre Alex)


1. Im "Naturrecht" 1950

1.1 Vorstellung und Kurzbewertung

1.2 Direkte Bezugnahmen auf die "Berufständische Ordnung" 1936

1.3 Kontinuität im Sozialrealismus

1.4 Rund um die Berufsgemeinschaft

1.4.1 Zu den sozialphilosophischen Grundlagen

1.4.2 Ansätze berufsgemeinschaftlicher Organisation

1.4.3 Natur und Funktion der Berufsgemeinschaft - relative Autonomie

1.4.4 Gemeinschaft in der naturrechtlichen Ordnung und geschichtliche Faktoren

1.4.5 Von der formalen zur sozialen Demokratie

1.4.6 Selbstverwaltungsgebiete

1.5 Zu den Baugesetzen

1.6 Zur wirtschaftlichen Ordnung

1.6.1 Zum Begriff der "berufständischen Ordnung" im Vergleich zum neuen Begriff der "sozialen Demokratie"

1.6.2 Die naturrechtliche Prinzipienvielfalt und der Wettbewerb

1.6.3 Aussicht des geordneten Wettbewerbs (1949/50)

1.6.4 Wirtschaftskammer

1.7 Zur sozialen Ordnung

1.7.1 Arbeit als ein vollwertiges Ordnungsprinzip

1.7.2 Rund um die paritätische Preiskontrolle

1.7.3 Gewerkschaften allein sind zu wenig

1.7.4 Zum Streikrecht und zur Einheitsgewerkschaft

1.8 Zur staatlich-politischen Ordnung

1.8.1 Zur gemischten Staatsform

1.8.2 Subsidiaritäts- und Autoritätsprinzip

1.8.3 Träger der Staatsgewalt (gegen den Universalismus)

1.8.4 Notfall und legitime Möglichkeiten des Staates: Verwechslungsgefahr

1.8.5 Zur Staatsräson

1.8.6 Zur Verfassungspräambel und zu den Parteien

1.9 Unterschiede zwischen modernem und mittelalterlichem System beruflicher Organisation

1.10 Zusammenfassung: Was ist soziale Demokratie?

1.10.1 Beobachtungen im "Naturrecht" 1950

1.10.2 Wirtschaftliche Bedeutung

1.10.3 Soziale Bedeutung

1.10.4 Politische Bedeutung

1.10.5 Geistige Bedeutung

2. Kurze Anmerkungen zur Verbindungslinie der berufsständischen Ordnung als Ordnungsidee zur Sozialpartnerschaft

2.1 Heutiges Verständnis der Sozialpartnerschaft (in Österreich)

2.2 "Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft" bei Messner selbst

2.3 Versuch einer Bewertung der bei Messner aufgezeigten Verbindungslinie

2.4 Bleibendes der berufsständischen Ordnung: Prinzipien, Berufs- und Kulturgedanke - weiterhin kein "dritter" Weg

2.4.1 Prinzipieller Kern

2.4.2 Beruf und Kultur

2.4.3 Weiterhin kein "dritter" Weg

3. Problemgeschichtliche Anmerkungen Messners zur Zwischenkriegszeit

3.1 Allgemeine Lage der Sozialethik

3.2 Zum Experiment des Staates mit berufsständischer Gesellschaftsordnung

4. Kommentare zur historischen Rolle Messners und kurze Wertung: Der "Austrofaschismus"- und Ideologenvorwurf

4.1 Zum Faschismusbegriff und zu konkreten Beispielen der Beurteilung Messners

4.2 Zum Ideologiebegriff und -vorwurf im allgemeinen - Gesamtergebnis


1. Im "Naturrecht" 1950

1.1 Vorstellung und Kurzbewertung

Johannes Messner fand im Oratorium in Birmingham, das durch Kardinal Newman bekannt geworden ist, eine langjährige Zuflucht, wo auch Messners größtes Werk, das "Naturrecht" (= NR), entstehen konnte. Er wurde in England vor allem mit den Methoden der empirischen Forschung vertraut. 1950 begann er wieder mit der Lehrtätigkeit an der Wiener Universität. - An dieser Stelle soll nur noch versucht werden, von der Messnerschen Konzeption 1936 - 1938 auszugehen und Weiterentwicklungen bzw. Veränderungen prägnant darzustellen. Die Berechtigung eines solchen Vorgehens liegt nicht nur in der Sache der nachfolgenden Ergebnisse, sondern auch im Vorwort der ersten deutschen Auflage des NR vom Juli 1949 (Birmingham): "Vielleicht darf ich für die Benützer meiner 'Sozialen Frage' (letzte Auflage 1938, vergriffen), anfügen, daß sich keine der dort eingenommenen Grundpositionen zufolge der Arbeiten am vorliegenden Buche als hinfällig erwiesen hat, daß ich aber in der Sicherung dieser Positionen und in den praktischen Lösungen wesentlich über jene frühere Arbeit hinausgekommen zu sein glaube, vom Versuch einer teilweisen Neubegründung des Naturrechts angefangen bis zu dem einer Umreißung der Grundlinien eines gleicherweise über Kapitalismus und Sozialismus hinausführenden Wirtschaftssystems."(1) Interessant war diesbezüglich auch die Ankündigung der Neuauflage des wissenschaftlichen Hauptwerkes Messners über unsere Thematik (als dritte Auflage "Die berufsständische Ordnung" nach der zweiten aus dem Jahre 1937) in dem Buch "Kulturethik" (1954) unter der Rubrik "Von Univ.-Prof. DDr. Johannes Messner sind bisher u. a. erschienen"(2), die jedoch nach Wissen des Verfassers nie erfolgte.

1.2 Direkte Bezugnahmen auf die "Berufständische Ordnung" 1936

Der erste uns besonders interessierende Hinweis auf das Werk BO erfolgte im NR 1950 sehr vorsichtig ("vielleicht") im Kapitel 42 "Der Pluralismus in der Rechtsordnung"; es ging um Wettbewerbs- und Preisfragen.(3) Die zweite Erwähnung fand sich wiederum in einer Anmerkung, und zwar zur Definition des Begriffes der sozialen Gerechtigkeit.(4) Unter dem 85. Kapitel "Die Berufsgemeinschaft" erfolgte der dritte Hinweis ("vielleicht").(5) Die vierte Erwähnung erfolgte durch positiven Bezug im Rahmen des Textes über den Betrieb (173.)(6). Es sei daran erinnert, daß in den letzten Auflagen des NR (d. h. bis 1966) dann ein sehr klarer Hinweis auf die BO 1936 (ohne "vielleicht") vorzufinden war.(7)

1.3 Kontinuität im Sozialrealismus

Die gesunde realistische Haltung sichere die Naturrechtsethik vor jedem sozialen Utopismus.(8) Messner verwies ausdrücklich darauf, daß bei Vergessen der realen Beeinträchtigung der Menschennatur durch die Erbschuld Idealisierungen Christen, Individualisten und Sozialisten gleicherweise gemeinsam seien, "wenn sie von einer vollkommenen wirtschaftlichen und sozialen Ordnung träumen, mag sonst ihre Blickrichtung noch so verschieden sein. Die Ordnung des gesellschaftlichen Lebens bleibt immer eine Aufgabe, die mit Unzulänglichkeiten und Leidenschaften beschwert ist, trotz allen äußeren Fortschritts."(9) Messner wies darauf hin, daß realistische Sozialreform nicht ein konkretes, unbedingtes, überzeitliches Ideal einer gesellschaftlichen Ordnung aufstellen könne, was für ihn wohl schon in der Zwischenkriegszeit galt. "Das gilt besonders auch für die christliche Ethik. Das Naturrecht bietet nicht mehr als einen Grundriß der Ordnung des gesellschaftlichen, staatlichen, wirtschaftlichen und internationalen Lebens (...) Die Achtung der christlichen Ethik vor der Wirklichkeit und für ihre wesenhaft evolutionäre Art läßt kein auf Schlagworte abgezogenes fertiges Sozialsystem zu, das als das christliche Sozialideal bezeichnet werden könnte."(10) Eine der Wirklichkeit gerechte Gesellschaftslehre werde beispielsweise nicht an "die Möglichkeit einer Gesellschaftsordnung denken, in der die Klassengegensätze völlig fehlen würden."(11)

1.4 Rund um die Berufsgemeinschaft

Ein uns besonders interessierendes Kapitel ist das 85. "Die Berufsgemeinschaft"(12). Der genannte Begriff war zwar schon vor dem II. WK selten neben jenem des Berufsstandes angeklungen, das Verhältnis zwischen diesen beiden Bezeichnungen hat sich sozusagen fast umgedreht. Es traten außerdem neben dem Begriff "Berufsgemeinschaft" auch andere wie "Leistungsgruppe" hinzu.(13) Im Rahmen dieses Unterpunktes erfolgte also der dritte, wiederum eher vorsichtige Verweis auf sein Werk 1936: "Zu dieser und all den in diesem Kapitel behandelten Fragen darf ich vielleicht auf mein Buch: Die berufsständische Ordnung, 1936, hinweisen."(14)

1.4.1 Zu den sozialphilosophischen Grundlagen

Die Einheit der Gesellschaft sah Messner von einem inneren Prinzip durchwaltet, "vom Gesellschaftszweck, nämlich von dem gemeinsamen Zweck der gegenseitigen Ergänzung durch die gesellschaftliche Kooperation, wie sie objektiv in der Wirklichkeit der menschlichen Natur vorgezeichnet und durch die Selbstbestimmung ihrer Glieder verwirklicht wird."(15) Für Messner blieb es dabei, daß die Grundordnung im gesellschaftlichen Bereich in erster Linie Sache des Suchens "nach den Forderungen der wesenhaften Wirklichkeit der Natur unter gegebenen Verhältnissen"(16) sei. Weiterhin stellte Messner fest, daß die (Spannsche) Überbetonung des Ganzheitscharakters der Gesellschaft eine "Vorschubleistung für eine totalitäre Auffassung derselben"(17) bedeute. Messner aber kam zum Schluß, "daß die naturgemäße Verfassung der Gesamtgesellschaft durch einen sozialen Pluralismus charakterisiert ist mit der Folge, daß alle 'kleineren' Gemeinschaften und Vereinigungen, die in den existentiellen menschlichen Zwecken wurzeln, mit Zügen der Würde und der Freiheit der menschlichen Person ausgestattet sind."(18) An dieser Stelle muß darauf hingewiesen werden, daß Messner schon in der BO 1936 von einem "sozialen Pluralismus" sprach, wenn er auch aus sachlichen Gründen dem Ausdruck "sozialer Föderalismus" den Vorzug gab.(19)

Auch die soziale Liebe umfasse u. a. Pflichten hinsichtlich der Organisation der Gesellschaft, nämlich "die Gliederung der Gesellschaft in kleinere autonome Gemeinschaften."(20) Messner sah deutlich, daß die soziale Liebe um so lebendiger und wirksamer sei, je unmittelbarer die Individuen mit einem besonderen Gemeinwohl verbunden seien ähnlich wie die Individualliebe viel stärker gegenüber unmittelbaren Begebenheiten reagiere: "Nur die Neuordnung der Gesellschaft mit dem Ziele eines aus organischen Gemeinschaften nach dem beruflichen und regionalen Gliederungsprinzip aufgebauten Ganzen kann diese entscheidende Schwäche der modernen Gesellschaft beseitigen und die Freisetzung der Kräfte der sozialen Liebe ermöglichen."(21) Hier war deutlich die Kontinuität Messners erkennbar, er hielt auch nach dem II. WK an einer Neuordnung zumindest nach denselben Prinzipien fest. Neue Akzente hörte man heraus, wenn Messner bezüglich der Sozialreform und der diesbezüglichen Erstzuständigkeit der Gesellschaft von einer schöpferischen Synthese eines Kompromisses zwischen zurückhaltenden und antreibenden Kräften sprach.(22) Messner blieb auch beim oben behandelten und so folgenreichen Dualismus Gesellschaft - Staat, auch wenn er den Begriff "Dualismus" dabei nicht mehr so hervorhob.(23)

Er bezeichnete die Ordnung des Gemeinwohles als Ordnung der Verhältnismäßigkeit: Das Element der Gleichheit der Menschennatur aller Gesellschaftsglieder, die die Möglichkeit der Erfüllung der wesentlich gleichen Lebensaufgaben für alle erfordere, und das Element der Verschiedenheit des Leistungsbeitrages zur gesellschaftlichen Kooperation und zur Erzielung ihrer Früchte, die dementsprechende Unterschiede in der Teilnahme an diesen Früchten begründe, seien damit in ihrer inneren Beziehung erfaßt. "Die innere Beziehung der beiden Elemente besteht in der naturgebotenen gesellschaftlichen Kooperation aller mit ihren verschiedenen Leistungen zur Ermöglichung der gleichen naturgegebenen (existentiellen) Zwecke für alle."(24) Die bei Arbeitsteilung unvermeidlichen, natürlichen Interessengegensätze müßten sich laut Messner besonders auf dem Gebiet der sozialwirtschaftlichen Kooperation auswirken. Im Gegensatz zur Klasse sei für den Begriff der Berufsgemeinschaft weiterhin die "gemeinsame gesellschaftliche Leistung das Primäre, das gemeinsame Interesse das Sekundäre".(25)

1.4.2 Ansätze berufsgemeinschaftlicher Organisation

Messner wies zunächst wieder darauf hin, daß die kapitalistische Gesellschaft Berufsgruppen in weiterem Maß entwickelt habe, als ihre Klassenstruktur vermuten ließe. Zu erwähnen waren für Messner hier verbindende Ausschüsse, "in denen nach der Klassenschichtung getrennte Verbände, wie z. B. die der Unternehmer und Arbeiter, zur Regelung gemeinsamer Angelegenheiten zusammenwirken. Man denke vor allem an die Tarifvertragsausschüsse, die in den verschiedenen Industriezweigen auf Grund freier Entschließung oder gesetzlicher Regelung mit einem wachsenden Ausmaß von Aufgaben am Werke sind."(26) Weiterhin galt für Messner also: Die Natur mit der ihr eigenen Kraft behaupte sich auch im Widerstreit zur Dynamik der kapitalistischen Klassengesellschaft, es handelte sich für Messner bei den genannten Beispielen um "Ansätze berufsgemeinschaftlicher Organisation"(27), mit denen sich sowohl der Manchesterliberalismus als auch der marxistische Sozialismus nicht abfinden wollten, die aber beide den Kollektivvertrag als Verständigungsmittel nicht verhindern konnten.

Messner sah in vielen Ländern der Welt, natürlich auch besonders in Österreich, Bewegungen oder Interesse für einen demokratischen Korporativismus mit paritätischer Grundlage. Dieser neue Begriff des "demokratischen" Korporativismus war im Gegensatz zu einem "faschistischen" gemeint.(28) Die Frage war jedoch, "ob sich diese Elemente zu einer wirklich sozialen Demokratie mit wirtschaftlicher Selbstverwaltung weiterbilden oder ob sie dem Zuge der Zentralisierung im heutigen Staate zum Opfer fallen und ein Mittel zur Verwirklichung der zentralistisch geplanten Gesellschaft werden."

1.4.3 Natur und Funktion der Berufsgemeinschaft - relative Autonomie

Um die Natur und Funktion der Berufsgemeinschaft zu durchleuchten, ging Messner von dem unbestreitbaren demokratischen Prinzip aus, "daß alle, die durch ihre Leistung am Zustandekommen der wirtschaftlichen und kulturellen Wohlfahrt des Staatsvolkes teilhaben, auch gleichberechtigt an der Entscheidung aller Angelegenheiten mitwirken sollen, durch die sie unmittelbar betroffen sind." Diese Leistung erfolge durch gesellschaftliche Gruppen, nicht durch die Individuen als solche. Die Glieder seien zu Leistungsgruppen verbunden, die sich die notwendige Arbeit teilten. "Solche Gruppen sind z. B. die Bauernschaft, die Lehrer, die Schuster, die Verleger, die Lebensmittelhändler, die Motorindustrie. Im Rahmen der gesellschaftlichen Kooperation sind die Glieder dieser Gruppen durch die gemeinsame gesellschaftliche Leistung enger verbunden und bilden so die Berufsgemeinschaft, die einen bestimmten Bedarf der Glieder der Gesamtgesellschaft befriedigt."(29)

Die gesellschaftliche Funktion der Berufsgruppe in der modernen Gesellschaft stand für Messner also weiterhin fest, darum "wird der Beruf das natürliche Organisationsprinzip der gesellschaftlichen Kooperation."(30) Die gesellschaftliche Funktion eines Wirtschaftszweiges begründe klarerweise eine gemeinsame Verantwortlichkeit aller Beteiligten, die sich oft genug als entscheidend erwiesen habe für eine friedliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Kapital und Arbeit in den einzelnen Industriezweigen. "Tatsächlich hat sich trotz dauernder, heftiger Gegensätze zwischen Kapital und Arbeit diese Gemeinsamkeit des Interessen den beiden Seiten immer wieder aufgedrängt."

Messner fand also weiterhin die doppelte Verantwortung der Berufsgemeinschaft bezüglich ihrer Funktion in der gesellschaftlichen Kooperation vor, nämlich die Verantwortung gegenüber der Gesamtgesellschaft und die Verantwortung für ihre eigenen Glieder. "Diese doppelte Verantwortung begründet ihre Rechte auf eine relative Autonomie und damit ihr Recht auf Selbstverwaltung. Der Zusammenhang dieser doppelten Verantwortung mit den existentiellen Zwecken des Menschen ist auch offensichtlich: der Mensch erfüllt durch die Teilnahme an der gesellschaftlichen Kooperation eine wesenhafte gesellschaftliche Aufgabe und erfüllt zugleich durch den damit erfolgenden Erwerb des Lebensunterhaltes eine wesenhafte individuelle Lebensaufgabe. Es kann somit kein Zweifel über das ursprüngliche Recht der Berufsgemeinschaft auf einen Bereich der Selbstverwaltung und Autonomie innerhalb der staatlichen Gemeinschaft bestehen."(Anm.) Das Eigenschaftswort "relativ" hatte, auf die Autonomie bezogen, zwei Gründe, die ebenso nicht wirklich neu waren: Einerseits hätten sich alle gesellschaftlichen Funktionen dem Allgemeininteresse einzufügen, andererseits blieben "die Rechte der Untergruppen innerhalb der Berufsgemeinschaft, oft kurz als die 'beiden Seiten' eines Wirtschaftszweiges bezeichnet" zur Wahrnehmung ihrer Sonderinteressen berechtigt, was also die Gründung bzw. Beibehaltung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, auf welcher Ebene immer (lokal bis international) betreffe. Dieser zweite Grund des Begriffes "relative Autonomie" wurde von Messner 1949/50 im NR wohl eindeutiger als unverletzliches Recht festgehalten.

Die Fortentwicklung Messners lag also nicht nur in der Begrifflichkeit und dem einfachen Anpassen an die neue Zeit. Messner hielt aber - und das beweisen die Texte eindeutig - an den berufsständischen Prinzipien und Zwischengliedern fest, nannte aber das Ganze nicht mehr nur berufsständische Ordnung.(32)

1.4.4 Gemeinschaft in der naturrechtlichen Ordnung und geschichtliche Faktoren

Interessant ist das Faktum, daß Messner als Gemeinschaften im eigentlichen Sinne oder als naturgegebene die Berufsgemeinschaft(en) fallweise nicht einmal neben Familie und Staat anführte.(33) Dies zeigte (neben der weiteren "naturrechtlichen" Anführung dieser Gemeinschaften) einfach die praktisch geringere Wichtigkeit der Berufsstände im strengen Sinn ihrer Verwirklichung von 1936.(34) Die Familie, die Ortsgemeinde, der Staat "sind naturnotwendige Gemeinschaften, ihre Funktion ist für das menschliche Gesellschaftsleben unerläßlich und die Verpflichtung des Menschen ihnen gegenüber ist der menschlichen Willkür entzogen (...) Da Gemeinschaften wie die Familien und der Staat für die volle Entfaltung des Menschen notwendig sind, kehren auch ihre Grundfunktionen in einer relativ gleichbleibenden Weise auf jeder Stufe der geschichtlichen Entwicklung des Gesellschaftslebens wieder. Die Gestalt und die Funktionen der anderen Verbände wie der beruflichen Gemeinschaften, der politischen Parteien und sozialen Selbsthilfeorganisationen sind in viel höherem Maße durch geschichtliche Faktoren bestimmt, die die durch den Gesellschaftsprozeß erfolgende Verwirklichung des Gemeinwohls und damit auch die Gestalt und Funktionen jener Verbände bedingen."(35) Das Gemeinsame der zuletzt überraschend zusammen genannten Vereinigungen lag für Messner eindeutig in der größeren geschichtlichen Bedingtheit, aber die "kleineren Gemeinschaften" mit gesellschaftlich notwendigen Funktionen blieben "die Familie, die Ortsgemeinde, der Regionalverband, die Berufsgemeinschaften."(36) Bei der Unterteilung des II. Buches des NR, nämlich des Naturrechtes der "Gesellschaft" (enthaltend die Gesellschaftsethik) waren schon an zweiter Stelle genannt: "die kleineren Gruppen mit Gemeinschaftsrechten auf nachbarschaftlicher, beruflicher und freigewählter Grundlage, gewöhnlich zusammengefaßt unter der Bezeichnung 'kleinere Gemeinschaften'"(37). Die unterschiedliche naturrechtliche Sicht der nachbarschaftlichen bzw. beruflichen Gruppen im Vergleich zu den freigewählten Gruppen wurde zwar beibehalten, aber trotzdem erfolgte nun aus praktischen Gründen die Zusammenfassung aller dieser unter "kleinere Gemeinschaften". Wir sehen bei Messner insofern eine Entwicklung, als vor dem II. WK eine Gesellschaft ohne klar ausgeprägte Berufsstände wohl schneller als "unvollkommen" bezeichnet wurde, obgleich die Berufsgemeinschaften in der Natur des Menschen vorgezeichnet "blieben".(38)

1.4.5 Von der formalen zur sozialen Demokratie

Messner blieb also seiner Vorkriegsposition im Grundsätzlichen treu, auch als er schrieb: "Die Fortentwicklung der 'formalen' Demokratie zur 'sozialen' Demokratie, die unerläßlich ist, wenn die Demokratie selbst erhalten bleiben soll, fordert die Selbstverwaltung im wirtschaftlichen und sozialen Leben und die Ausgestaltung entsprechender Rechtsformen. Allgemein ausgedrückt: der Rechtspluralismus verlangt die Dezentralisierung als die natürliche Struktur der gesellschaftlichen Ordnung (...) Die positivistische Rechtswissenschaft war blind für den Reichtum an ursprünglichen Rechten, womit die Natur die vielen sich zwischen Individuum und Staat einschiebenden gesellschaftlichen Zwischenglieder ausstattet."(39) Zweifelsohne war es schon in den dreißiger Jahren Messners Anliegen, mit der berufsständischen Ordnung auch einem falschen Zentralismus gegenzusteuern. "Ziel ist die soziale Demokratie, die die 'gesellschaftliche Macht' des Kapitals durch eine paritätische Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern beseitigt und die ihnen zukommende Anteilnahme an den materiellen und geistigen Früchten der gesellschaftlichen Kooperation gewährleistet."(40)

1.4.6 Selbstverwaltungsgebiete

Für Messner fielen auch 1949/50 in einer berufsgemeinschaftlich organisierten Gesellschaft unter die Selbstverwaltungsgebiete:(41)

(1.) Die Herbeiführung des sozialen Friedens (vor allem durch Kollektivvertrag und Streitschlichtung).

(2.) Die Einrichtung von gemeinsamen Ausschüssen Betriebsleitung/Arbeiterschaft zur Verbesserung der Produktivität.

(3.) Sozialpolitisch die Vorbereitung und Anwendung sozialer und wirtschaftlicher Maßnahmen im Rahmen der sozialpolitischen Gesetzgebung des Staates.

(4.) Wirtschaftspolitisch die Kontrolle der Preise von Gütern, Dienstleistungen und Kredit als Hauptmittel der demokratischen Steuerung und Kontrolle der Sozialwirtschaft.

(5.) Die Pflege des beruflichen Verantwortungs- und Ehrbewußtseins bei den Berufsangehörigen.

(6.) Begrenzte richterliche Befugnisse bei berufswidrigem Verhalten von Berufsangehörigen.

(7.) Das berufliche Erziehungswesen, besonders die reine Berufsschulung sowie die Erwachsenenfortbildung.

(8.) Die Aufstellung eines Berufsstatuts durch jede Berufsgemeinschaft als rechtliche Grundlage für die Erfüllung aller dieser Funktionen der Selbstverwaltung im Rahmen der vom Staat kraft seiner Ordnungsfunktion getroffenen Regelungen.

Hand in Hand mit diesen acht genannten Punkten müßte eine wesentliche Rückbildung der Allzuständigkeit, des Zentralismus und der Bürokratie der Staatsverwaltung gehen. "Vor allem muß ein sehr großer Teil dessen, was heute durch die von Ministerien ausgeübte 'delegierte Gesetzgebung', dieses Hauptmittel unkontrollierter Gewaltausübung, geschieht, an die beruflichen Selbstverwaltungskörper übergehen."(42)

1.5 Zu den Baugesetzen

Die in den Kulturländern vorfindbare Wirklichkeit zeige, daß es die Verschiedenartigkeit der gesellschaftlichen Funktionen sei, nach denen sich die bestehenden Berufsorganisationen scheiden würden. "Ihre Gliederung erfolgt in der Hauptsache nach der Gliederung des Bedarfs an Gütern und Diensten in der modernen Gesellschaft." Messner nannte 1949 zusammenfassend vier Prinzipien für die Gliederung der Berufsorganisationen in der modernen Gesellschaft:(43)

(1.) Jede solche Gliederung (Entfaltung) müsse von den bestehenden beruflichen Organisationen ausgehen. Jede vorgefaßte, konstruierte Schematik sei abzulehnen.

(2.) Entscheidend für diese Gliederung (Entfaltung) seien die gesellschaftlichen Ordnungsfunktionen, die von den einzelnen Berufsgruppen bereits ausgeübt würden (z. B. ständige Kollektivvertragsausschüsse). "Um solche Funktionen herum müssen sich die Organisationen der einzelnen Berufsgemeinschaften wie Gehäuse bilden."

(3.) Der Schwerpunkt der beruflichen Selbstverwaltung liege bei regionalen bzw. lokalen Berufsgemeinschaften. Die wichtigsten Wirkungsbereiche der zentralen Organisationsstellen der Berufsgemeinschaften seien: "Berufungsinstanzen für die ersteren in Schlichtungs- und Schiedsgerichtsfällen zu stellen; die Bildung und Entsendung von Vertretungsausschüssen zur Zusammenarbeit mit der staatlichen Verwaltung und Gesetzgebung; die Einrichtung von statistischen, wirtschaftspolitischen und wissenschaftlichen Forschungsstellen im Interesse des ganzen Berufszweiges im Staate."(44)

(4.) Die berufliche Organisation einer Gesellschaft müsse elastisch und zur Anpassung an die fortschreitende Verzweigung des Bedarfs und des Angebots fähig sein. Eine weitere Unterteilung müsse in Folge der fortschreitenden (industriellen) Arbeitsteilung möglich sein.

1.6 Zur wirtschaftlichen Ordnung

1.6.1 Zum Begriff der "berufständischen Ordnung" im Vergleich zum neuen Begriff der "sozialen Demokratie"

Die naturrechtlich vorgezeichnete Wirtschaftsverfassung nannte Messner "die Wirtschaftsverfassung der geordneten Freiheit."(45) Zur Namensgebung einer auf die naturrechtlichen Prinzipien begründeten Ordnung der Wirtschaft sagte Messner (dann abschließend): "Die Betonung der 'gesellschaftlichen' Ordnungskräfte der Wirtschaft, wie wir sie umschrieben haben, ist der Sinn des Ausdrucks 'berufständische Ordnung'; er hat den Nachteil, daß er die beiden anderen Ordnungsprinzipien nicht zugleich hervorhebt, daß er daher auch nicht unmittelbar anschaulich den liberalistischen und sozialistischen Systembegriffen zu begegnen vermag; er hat außerdem den Nachteil, daß vielen der berufsständische Gedanke durch faschistische und ständestaatliche Ideologien in Mißkredit gebracht erscheint. Wir selbst haben uns zum Ausdruck soziale Demokratie entschlossen, weil er gleicherweise auf die individuelle Freiheit, staatliche Ordnungsaufgabe und berufsgemeinschaftliche Selbstverwaltung hinweist, dazu die heute allgemein geforderte Erstreckung der Demokratie aus dem Politischen ins Soziale hinein hervorhebt, andererseits aber einen Parallelismus mit den Namen der ideologisch vorgefaßten Sozial- und Wirtschaftssysteme, die mit den naturrechtlichen Prinzipien unvereinbar sind, vermeidet."(46) Der Begriff knüpfte inhaltlich tatsächlich gut an den von Messner vor dem II. WK bevorzugten Begriff "Ständedemokratie"(47) und an die BO 1936 an, zeigte aber die neuen Akzente Messners bei aller Kontinuität!(48) "Die soziale Demokratie" war dann auch Überschrift eines eigenen Abschnittes (190.)(49), auf den wir abschließend zurückkommen werden: "Unter sozialer Demokratie verstehen wir das Sozialsystem, in dem individuelle Freiheit, gesellschaftliche Kontrolle und staatliche Einflußnahme zusammenwirken zur Ordnung des sozialwirtschaftlichen Prozesses zwecks Verwirklichung des Vollmaßes der Volkswohlfahrt und der sozialen Rechte."(50)

1.6.2 Die naturrechtliche Prinzipienvielfalt und der Wettbewerb

Für die naturrechtliche Wirtschaftstheorie sei nie wirklich ein Zweifel gewesen, "daß für ein geordnetes Wirtschaftssystem eine Mehrheit von Prinzipien wesentlich ist", nämlich für Messner "individuelle Selbstverantwortung, 'gesellschaftliche' Selbstordnung und staatliche Gemeinschaftsordnung." Ähnlich wie schon 1936 faßte Messner seine naturrechtliche Sicht: "Die naturrechtlichen Prinzipien bieten jedoch nur einen sehr weit gehaltenen Ordnungsgrundriß für jedes Wirtschaftssystem und nicht selbst ein konkretes, in den Einzelheiten festgelegtes Wirtschaftssystem (...) Daß die naturrechtlichen Prinzipien einen Grundriß der wirtschaftlichen Ordnung enthalten, ist schon daraus zu ersehen, daß sie ... das individualistische und das kollektivistische Wirtschaftssystem ausschließen, also den Prinzipienmonismus, den der totalen individuellen Freiheit wie den der totalen Staatszuständigkeit."(51) Damit war ein eigener dritter Weg aber auch klar abgewiesen: "Die allgemeinen Prinzipien schließen aber ... auch Zwischensysteme aus, die nur eine Mischung dieser beiden Systeme bezwecken ... Dagegen beruht das gemischte Wirtschaftssystem im naturrechtlichen Sinn auf einer gegenseitigen Zuordnung dreier Prinzipien, von denen keines fehlen darf."(52) Kein dritter Alternativweg also, obwohl rein formal im NR 1950 nach den Punkten 187. "Der Kapitalismus", 188. "Der Kommunismus", 189. "Sozialismus und Planwirtschaft" der Punkt 190. "Die soziale Demokratie" folgte.(53)

Die "Kontrolle des Wettbewerbes, die die Erfüllung seiner für die Ordnung der Wirtschaft grundlegenden Funktion ermöglichen soll, muß primär 'gesellschaftliche', nicht 'staatliche' Kontrolle sein. Denn das Ziel ist die Herstellung des größten Ausmaßes von geordnetem Wettbewerb, was nur durch gesellschaftliche Organe infolge ihres eigenen Interesses an der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs möglich ist."(54) "Es ist gerade der Vorzug unseres Systems der 'gesellschaftlichen' Wettbewerbskontrolle, daß eine Rahmengesetzgebung genügt, wobei die Feststellung der Fülle unlauteren Wettbewerbs den 'gesellschaftlichen' Kontrollorganen überlassen wird, während den staatlichen Behörden das Einschreiten auf Grund der Entscheidung der Kontrollausschüsse vorbehalten bleibt."(55)

"Die Planung und Leitung des Gesamtprozesses der Sozialwirtschaft im Interesse aller ist somit die Hauptfunktion der wirtschaftlichen Selbstverwaltung, nicht die autonome Planung des einzelnen Wirtschaftszweiges oder die Geschäftsleitung des einzelnen Unternehmens durch die darin Beschäftigten."(56) Bei der Organisation der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ergab sich für Messner im Normalfall das Auskommen mit einem Minimum von Organisation (in der sozialen Demokratie) im Gegensatz zum zentralistischen Sozialismus und zur Formaldemokratie.(57)

Spätestens hier wird sehr klar: Die großen "Überreste" der BO 1936 betrafen vor allem den Wirtschaftsbereich - die nicht-wirtschaftlichen Berufsgruppen schienen nicht mehr so klar mitberücksichtigt.

1.6.3 Aussicht des geordneten Wettbewerbs (1949/50)

Zur Aussicht, daß ein solches System des geordneten Wettbewerbs Wirklichkeit werde, meinte Messner, daß nach der immer noch gegebenen Dominanz der Prinzipien des individualistischen Kapitalismus und nach dem kostspieligen längeren Experimentiervorgang mit Formen eines kollektivistischen Sozialismus die Zeit kommen möge, "in der fortgeschrittenere Gesellschaften im Suchen nach einer dem wahren Gemeinwohl am besten dienenden Ordnung der Sozialwirtschaft sich zu einem System des geordneten Wettbewerbs gedrängt sehen, das auf Prinzipien beruht, wie sie im Vorausgehenden beschrieben wurden. Die Einzelheiten der erforderlichen gesellschaftlichen Maschinerie könnten natürlich erst mit Hilfe der Erfahrung in die ihrem Zwecke am besten entsprechende Form gebracht werden."(58)

1.6.4 Wirtschaftskammer

Messner war auch für eine zentrale Wirtschaftskammer mit beratender Funktion: "Voraussetzung für den funktionsgerechten Einbau einer zentralen Wirtschaftskammer ist die Entfaltung der wirtschaftlichen und sozialen Selbstverwaltung im nationalen, regionalen und Ortsbereich. Die Beschickung der Wirtschaftskammer würde dann durch die wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörper erfolgen, nicht durch allgemeine Urwahl. Durch Urwahlen würden nur die lokalen und allenfalls regionalen Selbstverwaltungsorgane bestellt, in denen die Gewerkschafts- und Unternehmerverbände durch paritätische Ausschüsse für die Entscheidung gemeinsamer Angelegenheiten verbunden wären."(59) Für Messner war es offensichtlich, daß eine solche Wirtschaftskammer eine Entwicklung organisch fortführen würde, die schon sehr weit gediehen sei, wenn man die Entwicklung der parlamentarischen Ausschüsse mit ihren beratenden Funktionen bedenke.(60) Die "Bindung an die Mitwirkung eines obersten wirtschaftlichen Selbstverwaltungsorgans würde offensichtlich ein sehr gesundes Korrektiv gegenüber ideologisch bestimmten Absichten von Mehrheitsparteien des Parlaments in Fragen der Wirtschaftspolitik bedeuten zugunsten einer wirklichen Förderung des wirtschaftlichen Allgemeininteresses und des sozialen Fortschritts. Die Verbindung der parlamentarischen Maschinerie mit der sozialen Maschinerie der wirtschaftlichen Selbstverwaltung wird außerdem die Fortbildung der politischen Demokratie in die soziale Demokratie fördern."(61)

1.7 Zur sozialen Ordnung

1.7.1 Arbeit als ein vollwertiges Ordnungsprinzip

Messner formulierte in Kontinuität: "Der demokratische Korporativismus, d. h. die soziale Demokratie, will die Arbeit zum vollen Status eines Ordnungsprinzips in Gesellschaft und Wirtschaft erheben."(62) Wenn die Arbeit wirklich ein Ordnungsprinzip der Wirtschaft werden solle, dann müsse ihre gesellschaftliche Funktion ganz bezogen bleiben auf die Lebenserfüllung des Menschen in der Verwirklichung seiner existentiellen Zwecke. Unantastbar war für Messner die existentielle Freiheit des Arbeiters, nämlich vor allem seine Freiheit der Berufswahl und die Wahl des Arbeitsplatzes. "Unsere Lösung der Frage, wie die Arbeit zum entscheidenden Ordnungsprinzip der Sozialwirtschaft gemacht werden kann, ist zum Unterschied von allen modernen Lösungsversuchen dadurch gekennzeichnet, daß sie die beiden anderen Fundamentalprinzipien der Ordnung der Sozialwirtschaft nicht nur unangetastet läßt, sondern voll wirksam macht: das Prinzip des Privateigentums und das Prinzip der Subsidiarität. Das Privateigentum wird als Ordnungsprinzip in unserem System voll wirksam, weil es zur Erfüllung seiner sozialen Funktion gezwungen wird. Die Institution des Privateigentums bleibt erhalten, das Kapital wird dagegen in eine dienende Rolle versetzt."(63)

1.7.2 Rund um die paritätische Preiskontrolle

In voller Kontinuität ging dann Messner ausdrücklich auf die Grundlage der Selbstverwaltung der Berufsgemeinschaft ein, auf das Prinzip der Gleichberechtigung (Parität) von Arbeitern und Arbeitgebern in der Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten, besonders des Lohnes. Es ging dabei weiterhin um die Gleichheit des Status der beiden Gruppen, nicht um die Kopfzahl auf beiden Seiten.(64) Die Preiskontrolle (innerhalb eines Industriezweiges) stellte für Messner weiterhin eine der wichtigsten Funktionen einer beruflich organisierten Gesellschaft dar, weil es sich hier um ein Gebiet gemeinsamen Interesses der ganzen Berufsgemeinschaft handle. Im Gegensatz zu staatlichen Kontrollstellen "ist es offensichtlich das Natürlichste, die Funktion der Preiskontrolle Ausschüssen von Vertretern der Arbeiter und Arbeitgeber (und Konsumenten) zu überlassen. Eine allgemeine Preiskontrolle solcher Art würde dem Arbeiter das volle Recht der Kontrolle und Steuerung des Wirtschaftssystems geben". Für Messner bewiesen diese Beispiele, daß die Ausbildung der Selbstverwaltung im Rahmen einer beruflichen Organisation der Gesellschaft keineswegs eine unvermittelte Neuerung darstelle, "sondern vielmehr eine Weiterentwicklung von Elementen, die schon vorhanden sind, in der Richtung einer völligen Gleichstellung von Privateigentum und Arbeit."(65) Eine solche soziale Demokratie auf Grund der Selbstverwaltung der Berufsgemeinschaft würde laut Messner ebenso das Laissez-faire wie die staatliche Allzuständigkeit als beherrschende Prinzipien des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens überwinden. Für die "soziale Demokratie" wurden die Ausschuß-Vorschläge bei eindeutig weiterbestehenden Untergruppen der Berufsgemeinschaften von der BO 1936 her übernommen, mit Konzentration auf die genannte Preiskontrolle.(66) Die "Arbeiterschaft würde sich nicht länger als Klasse der Ausgebeuteten sehen, da ihr die Maschinerie der sozialen Demokratie die paritätische Mitwirkung an der Kontrolle der Sozialwirtschaft und an der Verteilung des Sozialproduktes sicherte."(67) Die Industriemoral des Arbeiters benötigte für Messner neben der sittlichen Grundlage einer religiös begründeten Berufsidee auch die institutionelle Grundlage einer Berufsgemeinschaft mit dem Arbeiter im Status eines Vollgliedes und somit vollberechtigtem Anteil an der Funktion der unmittelbaren Planung und Leitung der Sozialwirtschaft.(68)

1.7.3 Gewerkschaften allein sind zu wenig

Die Arbeitergewerkschaften als soziale Selbsthilfeorganisationen, die dem Schutz und der Förderung der wirtschaftlichen Interessen von Gruppen dienten, welche durch die Marktmechanik des Kapitalismus bedroht seien, übten mit den Arbeitgebervereinigungen der einzelnen Industriezweige durch ihr Zusammenwirken in gemeinsamen Ausschüssen auch "eine gesellschaftliche Ordnungsfunktion aus, die über das bloße Privatinteresse ihrer Mitglieder hinausgeht."(69) Die Entfaltung der Gewerkschaftsbewegung und ihrer Ordnungsfunktion auf dem Arbeitsmarkt bedeutete für Messner vielleicht die weitreichendste Umbildung des Kapitalismus und seines Sozialsystems.(70) "Die Organisation des Arbeitsmarktes durch die Gewerkschaften ist aber nur ein erster Schritt zu dem Ziele, das in einer Ordnung der Sozialwirtschaft besteht, in der der Arbeit der volle Status eines ordnenden Prinzipes zukommt. Denn die gewerkschaftliche Organisation erfaßt nur Teile der Arbeiterschaft; außerdem führt sie für sich allein nicht über die soziale Mechanik des individualistischen Kapitalismus hinaus, sondern versteift vielmehr die Spaltung in Klassenfronten, die aus der Arbeitsmarktmechanik entspringt."(71) "Die sozialen Ordnungsfunktionen der Gewerkschaften, wie überhaupt der beruflichen Organisationen sind ... überbetrieblicher Art und betreffen den ganzen Industriezweig."(72)

1.7.4 Zum Streikrecht und zur Einheitsgewerkschaft

Realistischer als 1936, da Messner in der BO doch an manchen Stellen den Streik und andere Konflikte für einen Endzustand der berufsständischen Ordnung fast auszuschließen schien, hieß es nun, daß den Untergruppen auch das Streik- und Aussperrungsrecht als letztes Mittel gesichert bleiben müsse, "obwohl eine berufliche Organisation der Gesellschaft in ihrem Selbstverwaltungsbereiche Organe und Einrichtungen schaffen wird, die eine friedliche Beilegung aller Streitigkeiten nach dem Prinzip der Gleichberechtigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ermöglichen."(73) Dieses Paritätsprinzip hat Messner ganz klar schon vor dem II. WK entwickelt!

Zwar lehnte Messner klar eine die Vereinigungsfreiheit der Arbeit schwer verletzende totalitäre Monopolgewerkschaft(74) ab - man könnte jedoch eine gewisse Spannung zu seinen, recht leicht auf Österreich vor dem II. WK übertragbaren Bemerkungen sehen: "Andererseits kann die politische Lage eines Landes die Beendigung von Revolten und Kämpfen zwischen gegensätzlichen Gewerkschaften, besonders wenn terroristische Methoden angewendet werden, notwendig machen und die Einrichtung einer Einheitsgewerkschaft im Interesse der Arbeiterschaft selbst wie des öffentlichen Interesses erfordern. Was jedoch einer solchen Einheitsgewerkschaft gesichert bleiben muß, sind die Selbstverwaltung und die für die Wahrung der Arbeiterinteressen notwendige Handlungsfreiheit; denn das sind die wesentlichen Rechte der Gewerkschaft als kleinere Gemeinschaft, begründet in ihrer Funktion auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet."(75) In jedem Falle erkennen wir eine Entwicklung dahingehend, daß Messner nun nicht mehr wie 1938 die Einheitsgewerkschaft eher favorisierte.

1.8 Zur staatlich-politischen Ordnung

1.8.1 Zur gemischten Staatsform

"Nur das Prinzip der Autorität ist naturrechtlicher und daher göttlicher Anordnung, nicht die Form seiner Konkretisierung. Diese kann nur aus dem Willen der Gemeinschaft kommen."(76) Jede im Sinne ihres wesenhaften Zwecks funktionsgerechte Staatsform bedürfe der gesicherten Wirksamkeit des "autoritären Prinzips".(77) Messner sah weiter die Lösung des Problems der Abhängigkeit der Regierung "von den Tücken des parlamentarischen Mechanismus" in der Stärkung des autoritären Prinzips, allerdings im Rahmen der demokratischen Verfassungen. Gleichzeitig benannte er auch die Gefahr, daß selbst in diesem (demokratischen) Rahmen dieses Prinzip "einen mehr oder weniger totalitären Charakter" annehmen könnte.(78)

Messner blieb grundsatztreu: In allen Staatsformen, seien sie autokratisch oder demokratisch, müsse durch geeignete Mittel dem "Willen" des Volkes Rechnung getragen werden. "Darauf läuft die von der traditionellen Naturrechtslehre aus ihren Prinzipien gezogene Schlußfolgerung hinaus, daß in keiner Verfassungsreform das 'demokratische Prinzip' fehlen dürfe"(79). Aber aus der naturrechtlichen Volkssouveränitätslehre könne (auch) kein Grund für ein höheres Existenzrecht der Demokratie vor den anderen Staatsformen gewonnen werden.(80)

"Unsere Erörterung der 'gemischten Staatsform' zeigt, daß es sich dabei nicht um eine Mischung von Staatsformen, sondern nur um eine Mischung von Prinzipien handelt, die mit jeder Staatsform vereinbar ist. Denn bei jeder Mischung dieser Prinzipien muß in der Verfassung ein letztlich entscheidender Träger der Staatsgewalt festgelegt sein, sei dieser nun der Monarch (oder Präsident), das Kabinett, das Parlament oder das Volk. Der gemischten Staatsform muß daher in Wirklichkeit immer eine der drei Staatstypen zu Grund liegen." Die "moderne demokratische Staatsform hat ihren Grund nicht im Naturrecht, so daß sie unter allen Umständen und daher ein von jedem politischen Gemeinwesen zu erstrebendes Ideal wäre."(81)

Bei dem Kapitel 134 "Die moderne Demokratie" konnte man bei Messner bezüglich des Vertretungssystems(82) weiterhin eine grundsätzliche Übernahme der Verfassungsideen (bzw. Einrichtungen) 1934 feststellen. Der Staat bedürfe eines Anwalts seines wesenhaften und dauernden Interesses, das mehr als nur die Summe oder der Durchschnitt der Einzel- und Gruppeninteressen sei, weil in der Demokratie außerdem die Ausübung der Autorität in der Hand wechselnder Parteien liege. Das wäre die eigentliche Funktion einer "zweiten" Kammer, die im besonderen das "aristokratische Prinzip" durch Berufung angesehener, erfahrener, charaktervoller, urteilsfähiger Personen verwirklichen sollte.(83)

1.8.2 Subsidiaritäts- und Autoritätsprinzip

In prinzipienmäßiger Kontinuität sagte Messner weiterhin, daß das Subsidiaritätsprinzip keineswegs den schwachen Staat bedeute, welcher dem Diktat der stärkeren Gruppen ausgeliefert wäre. "Im Gegenteil, das Subsidiaritätsprinzip hat wesenhaft seinen Gegenpol im Autoritätsprinzip und einer solchen tatsächlichen Macht der Staatsgewalt, daß sie als Hüter des Gemeinwohls stark genug ist, auch dem stärksten Druck organisierter Gruppen gegenüber das wirkliche Gemeinwohl mit seinen unmittelbaren und zukünftigen Erfordernissen sicherzustellen."(84) Das Subsidiaritätsprinzip wies für Messner bei den Aufgaben des Staates im Wirtschaftsleben "klar in die Richtung der Sicherung und Förderung der mit dem Gemeinwohl vereinbarten größtmöglichen wirtschaftlichen Freiheit und Selbstverantwortung des Individuums und der Selbstverwaltung der Berufsgemeinschaften."(85) Für uns von Interesse ist die bekannte Abgrenzung Messners des demokratischen von einem faschistischen Korporativismus, besonders jenem italienischer Prägung und von jeglichem Totalitätsanspruch des Staates "auf Grund des Prinzips der Identität von Staat und Gesellschaft"(86).

1.8.3 Träger der Staatsgewalt (gegen den Universalismus)

Für Messner war immer schon der ursprüngliche Träger der Staatsgewalt "das Volk als politische Ordnungseinheit"(87), und dies sah Messner im Dollfuß-Staat als nicht verletzt an. In Kontinuität sagte Messner im NR 1949/50: "Weil nicht der Wille des Volkes, sondern das Volk als politische Ordnungseinheit der ursprüngliche Träger der Staatsgewalt ist, kann in der Natur des Staates auch keine absolute Volkssouveränität aufgefunden werden. Kein aktueller Volkswille ist daher ursprünglicher Träger und absoluter Herr der Staatsgewalt. Wohl aber ist der für das aktuelle staatliche Gemeinwohl konstitutive Wille des Volkes bestimmend für die Ausübung der Staatsgewalt." Messner konnte in diesem Zusammenhang nicht umhin, den zeitbedingten antiindivdualistischen und antidemokratischen Theorien Spanns und Heinrichs vorzuwerfen, daß ihre "universalistische Einengung des Trägers der Staatsgewalt auf einen staatstragenden Stand der Auslieferung des Staates an ein Einparteien- oder Einklassensystem Vorschub"(88) geleistet habe.

Nun wäre zusätzlich redlich zu fragen, wieweit nicht Messner in ganz anderer Weise die Regierungsdiktatur gestützt hat, aus welchen guten Gründen immer. Festzustehen scheint aber: Messner stand mit seinen antiuniversalistischen Analysen vor dem II. WK in der SF und der BO vor allem jenen Vertretern und Befürwortern eines "Ständestaates" kritisch gegenüber, die durch eine andere Sicht des Autoritätsprinzips eine echte demokratische Fortentwicklung auf dem Boden der Maiverfassung 1934 völlig auszuschließen schienen. Es sei daran erinnert, daß beispielsweise Dollfuß nach Gesprächen mit E. R. v. Starhemberg im Sep. 1933 von Mussolini gedrängt wurde, "den Weg der Faschisierung (sic!) des österreichischen Staates einzuschlagen"(89). Die Heimwehren waren bekanntlich bis zur endgültigen Ausbootung Starhembergs aus der österreichischen Regierung im Mai 1936, insbesondere während der Übergangsphase 1933/34, ein treibendes, wenn auch nicht dominierendes Element.(90) Aber auch Spann selbst hatte sich im Okt. 1933 in Vorträgen gegen jede Kombination von ständischem und demokratischem Gedankengut ausgesprochen. Das individualistisch begründete Repräsentationsprinzip müsse zugunsten des Höchststandes Staat und der Hauptstände Kirche und Wirtschaft zum Verschwinden gebracht werden.(91) Diesbezüglich ist - so muß wiederholt werden - kaum einzusehen, warum neben letztlich mehr oder weniger totalitär orientierten Strömungen auch die Messnersche Auffassung mit dem Ausdruck "Austrofaschismus" belegt werden sollte.

1.8.4 Notfall und legitime Möglichkeiten des Staates: Verwechslungsgefahr

Der spezielle Versuch des österreichischen "Ständestaates" wäre mit dem NR 1950 - so wagt der Verfasser zu sagen - angesichts einer ähnlichen außen- und auch innenpolitischen Situation wie zwischen 1933 und 1938 weiter mehr oder weniger eine legitime Möglichkeit, ganz besonders dann, wenn es sich bei ihm tatsächlich nur vorübergehend um eine "Regierungsdiktatur" handeln sollte: "Während in Zeiten hoher Geltung der sittlichen Werte das Individuum zur Unterordnung seiner eigenen Interessen unter das Allgemeininteresse bereit ist, neigt in Zeiten sittlichen Verfalls das individuelle Interesse zur Mißachtung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Gemeinwohl und muß daher durch äußere Bindungen zur Erfüllung dieser Verpflichtungen verhalten werden. In solchen Zeiten muß die Autorität um des Gemeinwohls willen ihren Bereich erweitern mit dem Ergebnis, daß sich der Bereich der individuellen Freiheit einengt. Solche Fülle sind es, an die Augustin in der berühmten Stelle denkt, in der er unter besonderen Umständen sogar die Diktatur gerechtfertigt findet"(92). Im Notfall, auf den Messner ausdrücklich einging, sei die Regierung zu Maßnahmen ermächtigt, "die die in der Verfassung vorgesehenen Rechte überschreiten, wenn es für das Gemeinwohl notwendig ist; natürlich sei die Regierung zur Rechenschaft vor der Gesetzgebungsgewalt verpflichtet, sobald dies möglich ist."(93) Gegenüber der faktischen Realität des "Ständestaates" waren aber wohl genauso Stellen anführbar.(94) Doch unter dem Kapitel 66 "Die Zuständigkeit des Staates in der Sozialreform" war mehr oder weniger eindeutig ein (verstecktes) Verteidigen des österreichischen Weges nachzulesen: "Der Staat ist ... zuständig zur Einleitung der Sozialreform, insoweit es das Gemeinwohl fordert und die 'gesellschaftlichen' Kräfte versagen, also insbesondere dann, wenn gegensätzliche Kräfte sich in destruktiven Kämpfen verfangen haben. Im Falle kritischer Entwicklungen und unmittelbarer schwerer Gefahren für das Gemeinwesen kann die Initiative des Staates sogar bis zur Beschneidung der politischen oder wirtschaftlichen Freiheiten gehen, also von Rechten, die den Individuen und Gruppen in normalen Zeiten durch das Naturrecht gesichert sind. Ein solcher Eingriff kann unter folgenden Bedingungen gerechtfertigt sein:

(1.) daß die Grundfunktionen des Gemeinwesens durch eine Gesellschaftskrise schwer gefährdet sind, wie z. B. in einem in den Bürgerkrieg übergehenden Klassenkampf;

(2.) daß solche Maßnahmen getragen sind vom klaren Bewußtsein der Pflicht zur Wiederherstellung der der Gesellschaft selbst eigenen Ordnungskräfte, so daß diese Eingriffe unnötig werden;

(3.) daß die verfassungsmäßigen Rechte der Kontrolle der Regierung sogleich wiederhergestellt werden, sobald die Gefahr behoben ist. Die Staatsgewalt kann aber in solchen Fällen geradezu durch die Gerechtigkeit verpflichtet sein, drastische Schritte zu tun und gleichsam das Operationsmesser gegenüber dem Sozialkörper in Anwendung zu bringen."(95)

Und überaus bedeutsam für unsere Fragen sowie zweifellos mit Österreich im Hinterkopf, unterschied Messner den totalitären Staat, welcher den Menschen nur als Mittel im Dienste der Kollektivzwecke des Staates ansehe "in seiner Handlungsweise vom Rechtsstaat auch in dem Falle, daß der letztere durch einen schweren Notstand, beruhe dieser auf innenpolitischen oder außenpolitischen Ursachen, zur vorübergehenden teilweisen Aufhebung verfassungsrechtlicher Freiheiten gezwungen ist ... Eine bloß äußerliche Ähnlichkeit mit dem totalitären Staate durch das stärkere Hervortreten des 'autoritären Prinzips' berechtigt somit nicht zur Einreihung von Staaten unter die totalitären Staaten, solange nicht ihre Praxis eine Interpretation dieses Prinzips im Sinne der staatstotalitären Wertung des Menschen beweist."(96) Messner sollte also eine evtl. "Notfallentschuldigung" für den "Ständestaat" abgenommen werden. Um diesem real existierenden Staat in der Praxis nicht in den Rücken zu fallen, hat er zweifelsohne vor 1938 höchstens positiv klingende Kritik formuliert. Österreich ab 1933/34 konnte für Messner nie in die totalitären Staaten eingereiht werden.

1.8.5 Zur Staatsräson

"Die Staatsräson ist ... das objektive Gemeinwohl als konkrete politische Aufgabe in einer gegebenen Situation."(97) Gerade weil die sittliche Staatsräson Realpolitik gemäß den wahrhaften Notwendigkeiten des Gemeinwohls im Prozeß seiner Verwirklichung gebiete, "ist sie ein Bereich schwerster und kompliziertester Gewissenskonflikte." Und sehr deutlich mit Dollfuß (Schuschnigg) im Hinterkopf: "Dies gilt namentlich unter Umständen, in denen die Staatsräson eine gewaltig gesteigerte Geltung erlangt, wie z. B. in Zeiten, da ein Staat gleichzeitig von innen und von außen bedroht ist. Die notwendigen Entscheidungen sind zudem ungemessen erschwert, wenn radikale Gruppen im Innern sich der Hilfe ausländischer Mächte zu versichern vermögen, die parallele ideologische und politische Ziele verfolgen. Die Komplizierungen der Staatsräson vervielfältigen sich weiter, wenn z. B. ein christlicher Staatsmann mit geschärftem Gewissen sich vor Entscheidungen sieht, die in jedem Falle fast unvermeidlich die religiös-sittliche Substanz des staatlichen Gemeinwohls gefährden müssen; man denke an den folgenden Fall: ohne entschiedenes Vorgehen gegen radikale Gruppen im Innern verurteilt er selbst seine von sittlichen Idealen getragene Politik zum Scheitern, während die mit verschiedenem Vorgehen verbundenen Härten in den Augen vieler auf eben diese sittlichen Ideale zurückfallen und den Gegnern mächtige Propagandawaffen in die Hand geben. In der Tat, es war in der Zeit vor und in dem zweiten Weltkrieg kein vereinzelter Fall, daß ein christlicher Staatsmann sich angesichts der ungeheuer komplizierten Probleme der Staatsräson die Frage vorlegte, ob eine ausgesprochen 'christliche' Staatspolitik immer und unter allen Umständen das richtige sei und ob nicht eine Staatspolitik auf religiös-neutraler Basis unter den angedeuteten Umständen das Handeln auch der wirklichen Staatsräson wesentlich erleichtern würde."(98)

1.8.6 Zur Verfassungspräambel und zu den Parteien

Weiterhin auch war es für Messner lobenswert, wenn moderne Verfassungen "Gott als letzten Ursprung alles Rechts ausdrücklich" anerkennen würden. Differenzierter sagte Messner aber weiter: "Andererseits darf jedoch die in den Präambeln der modernen Verfassungen oft wiederkehrende Formel, daß alles Recht vom Volk ausgehe, nicht an sich als Bekenntnis zum säkularisierten Staat aufgefaßt werden (...) sie ist dann mit der naturrechtlichen Auffassung der Volkssouveränität vereinbar."(99)

Positiver als vor dem II. WK war 1949/50 bei Messner natürlich die "Partei" belegt und als kleine Gruppe mit Gemeinschaftsrechten angeführt.(100) Es wurde wesentlich weniger betont, daß es sich nicht um eine naturgebotene Gemeinschaft handle. Die "Parteien erhalten eine wesenhafte Funktion, sobald einmal die geschichtliche Entwicklung in den Völkern den Willen zur Selbstregierung reifen läßt." Die Frage ist, ob in Österreich 1934 der Wille zur Selbstregierung nachgelassen hat? Jedenfalls "gehört das Recht der Parteibildung und der Parteitätigkeit im modernen Staat zu den natürlichen Rechten", allerdings (eben) als ein durch geschichtliche Umstände bedingtes Recht.(101) Messner sah aber nach wie vor den Parteienstaat im Sinne eines Apparates in der Hand der Parteien zur Sicherung ihrer Gruppeninteressen auch als Gefahr. "Das Entstehen des Einparteienstaates in den totalitären Systemen ist im Grund nur die ins Extrem gewendete logische Konsequenz dieses den Parteienstaat nach der liberalistischen Theorie bestimmenden Prinzips."(102) Bei von Messner genannten Merkmalen der Thematik des Punktes 135 "Der moderne totalitäre Staat"(103) ist beim vierten von Messner genannten (Einparteienstaat)(104) durchaus zu fragen, wie weit es nicht auf den VF-Staat übertragbar wäre, insbesondere wenn man die Beschränkung der wichtigen Posten auf VF-Leute auch beim berufsständischen Aufbau bedenkt. Aber auch der achte Punkt der fehlenden institutionellen Kontrolle wäre angesichts der Praxis der Jahre 1934 - 1938 zu überprüfen. Für einen wirklich totalitären Staat gemäß den Kriterien Messners reicht es nicht.

1.9 Unterschiede zwischen modernem und mittelalterlichem System beruflicher Organisation

Entscheidend hielt Messner Unterschiede zwischen mittelalterlichem und modernem System beruflicher Organisation fest:(105)

(1.) "Eine berufliche Organisation der heutigen Gesellschaft könnte als Mittel der Verwirklichung der sozialen Demokratie nur in engster Wechselbeziehung mit der modernen politischen Demokratie eingerichtet werden; sie würde diese wesentlich ergänzen, aber zugleich in ihr ein starkes Gegengewicht finden." Nun waren diese Worte Messners doch festgelegter als vor 1938, da er solche Fragen mehr in die variable orts- bzw. zeitangepaßte Zweckmäßigkeit verlegt hatte. Die politische Autorität mußte für Messner jedoch weiterhin "stark genug" sein, die Sonderinteressen der Berufsgruppen dem Allgemeininteresse unterzuordnen.(106) "Das Parlament wird sich ... auf das Allgemeininteresse und das Staatsinteresse konzentrieren können, während die Institutionen und Vertretungskörper der beruflichen Organisationen für die Befriedigung ihrer Gruppeninteressen und deren gegenseitigen Ausgleich sorgen werden."(107) Hier klang weiterhin ein Zweikammernsystem an. Messner sah in einer solchen Schwerpunktverschiebung der Funktionen (noch immer) die Möglichkeit, die Parteien auf die besten Geister gegründet sein zu lassen. Dies ermögliche die Fortentwicklung zur angedeuteten sozialen Demokratie. "Andererseits ist es ebenso klar, daß die Berufsgruppen keineswegs die Parteien ersetzen können."

(2.) Die durch die Produktionstechnik bedingte Trennung von Kapital und Arbeit "muß zur getrennten Organisation der beiden Seiten der Wirtschaft zum Zweck des Schutzes der beiderseitigen Interessen führen." Die auch dadurch notwendige Maschinerie paritätischer, also statusmäßig völlig gleichberechtigter Ausschüsse war mittelalterlich noch nicht vorstellbar.

(3.) Der demokratische Korporativismus lasse die entscheidende Kontrolle des Wirtschaftssystems nicht in den Händen der Meister, sondern mache die Arbeit zu dem mit dem Eigentum gleichberechtigten Ordnungsprinzip der Sozialwirtschaft, was gleiches Mitbestimmungsrecht in der Kontrolle des Prozesses der Sozialwirtschaft bedeute.

(4.) "Das gegenwärtige Wirtschaftssystem muß in ungleich größerem Ausmaß durch Ausweitung des inneren Marktes und damit durch fortschreitende Arbeitsteilung für die wachsende Bevölkerung Raum schaffen. Die heutige Berufsorganisation muß daher grundsätzlich 'offen' sein für neue Unternehmungen und neue Arbeitskräfte. Dieses Prinzip verlangt eine Elastizität der organisatorischen Struktur eines modernen Korporativsystems, die dem mittelalterlichen völlig fremd war."(108) Es gehe um den Gegensatz dynamisch - statisch. Eine Grundfunktion der dynamischen beruflich organisierten Gesellschaft wäre, die Bildung von Monopolverbänden zu überwachen und die Freiheit des Wettbewerbes zu gewährleisten, was Kartelle natürlich nicht absolut ausschließe. "Die Preiskontrolle würde eine ruinöse Konkurrenz verhindern (...) Geordnete Freiheit im Bereich der Wirtschaft wäre damit der Grundzug eines demokratischen Korporativsystems."

(5.) Anders als im Mittelalter würde es in viel höherem Grade dem freien Willen der Individuen überlassen bleiben, welchen Anteil sie an der Politik ihrer Gewerkschaft oder Unternehmerorganisation nehmen oder ob sie überhaupt beitreten wollten. "In einem modernen demokratischen Korporativsystem würden, wie im mittelalterlichen, die vereinbarten Regelungen automatisch für die ganze Berufsgemeinschaft und alle ihre Glieder bindend sein und alle würden zu Beitragsleistungen für die Bestreitung der Auslagen der Organisationen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite verpflichtet sein"(109). Ein indirekter Druck in Richtung aktive Beteiligung an der Willensbildung der Berufsgemeinschaft würde jedoch ausgeübt werden durch Koppelung des Wahlrechts bei der Bestellung der führenden Vertreter der Gewerkschaften und Unternehmerverbände an eine Mitgliedschaft.

1.10 Zusammenfassung: Was ist soziale Demokratie?

1.10.1 Beobachtungen im "Naturrecht" 1950

Wenn wir im NR 1950 im Sachverzeichnis unter "Berufsständische Ordnung"(110) nachschlagen, werden wir zunächst auf die "Sozialen Demokratie"(111) verwiesen. Unter dem letzteren Schlagwort sind dann auch wesentlich mehr Unterpunkte zu finden. Den 190. Unterpunkt mit dem eigentlichen Titel "Die soziale Demokratie"(112) findet man dann im NR interessanterweise im III. Teil "Die Integration der Sozialwirtschaft" innerhalb des IV. Buches "Wirtschaftsethik".

Im Unterpunkt selbst hat Messner eine Gliederung in vier Teile vorgenommen, wobei an erster Stelle die wirtschaftliche Bedeutung des Begriffes, nachfolgend die soziale, die politische und an vierter Stelle die geistige Bedeutung behandelt wurden. Während also 1936 in der BO noch insgesamt die berufsständische Ordnung in bezug zur staatlichen vor der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung (im engeren Sinne) behandelt worden waren, hat 1949/50 der Bezug zur staatlichen oder politischen Ordnung jedenfalls eine andere, wenn nicht auch nach den österreichischen Erfahrungen eine untergeordnete Bedeutung erhalten, auch wenn Messner immer die gesellschaftliche Natur der berufsständischen Ordnung betont hatte.

"Unter sozialer Demokratie verstehen wir das Sozialsystem, in dem individuelle Freiheit, gesellschaftliche Kontrolle und staatliche Einflußnahme zusammenwirken zur Ordnung des sozialwirtschaftlichen Prozesses zwecks Verwirklichung des Vollmaßes der Volkswohlfahrt und der sozialen Rechte."(113)

1.10.2 Wirtschaftliche Bedeutung

Die soziale Demokratie sei ein System des geordneten Wettbewerbs.

Als grundlegendes Prinzip gelte die Verwirklichung des größtmöglichen Ausmaßes von Freiheit, das mit dem Allgemeininteresse vereinbar und auch von ihm gefordert sei. Durch die gesellschaftliche Kontrolle des Preismechanismus werde die Unterordnung der Freiheit unter das Allgemeininteresse und die Erfüllung der Funktion des Wettbewerbs im Dienste der sozialwirtschaftlichen Produktivität sichergestellt. Und so mache das System die soziale Gerechtigkeit zum regulativen Prinzip der Wirtschaft. "Ihre gesellschaftlichen Kontrollen verbürgen der privaten Initiative jeden Spielraum, der im allgemeinen Interesse gelegen ist, ja, machen ein Vollmaß von Privatinitiative zur Voraussetzung des Vollmaßes der allgemeinen Wohlfahrt, lassen aber gleichzeitig das Individuum durch wirtschaftliche Tätigkeit nur verdienen, insoweit es gleichzeitig auch der Gemeinschaft wirklich dient." Die soziale Demokratie gebe weitest gespannte Freiheit der wirtschaftlichen Organisation und dem Privateigentum an den Produktionsmitteln die Stellung eines unerläßlichen Ordnungsprinzips des sozialwirtschaftlichen Prozesses, sorge aber zugleich für die Erfüllung seiner sozialen Funktionen und für eine Verteilung des Privateigentums, die durch die Erfüllung dieser Funktionen geboten sei. "Als System des geordneten Wettbewerbs wirkt sich die soziale Demokratie in der Ausweitung des inneren Marktes, zugleich aber mit ihrer Bewegung der Preise zu den niedrigsten Kosten hin in einer vorteilhaften Stellung der nationalen Wirtschaft auf den äußeren Märkten und in einer strukturellen Ergänzung und Integration der weltwirtschaftlichen Kooperation aus."(114)

1.10.3 Soziale Bedeutung

Die soziale Demokratie sei ein System der wirtschaftlichen Selbstverwaltung.

"Diese Selbstverwaltung ist gegründet auf die Arbeit als erstem, neben dem Eigentum als zweitem Ordnungsprinzip der Sozialwirtschaft." Dieses System gebe der Arbeit ihr volles Recht in der unmittelbaren Planung, Steuerung und Kontrolle der Wirtschaft durch die entscheidende Stellung bei der Kontrolle des Preismechanismus der Sozialwirtschaft. Auch in der Verteilung des Ertrags der sozialwirtschaftlichen Kooperation erhalte die Arbeit ihr volles Recht, indem das Prinzip des kollektiven Arbeitsvertrages auf die ganze Wirtschaft ausgedehnt werde. "Da die paritätische Kontrolle zugleich beiden Seiten des Arbeitsverhältnisses die gemeinsame Abhängigkeit ihrer Interessen von der sozialwirtschaftlichen Produktivität unmittelbar und dauernd zum Bewußtsein bringt, wirkt sich die soziale Demokratie in einer Atmosphäre des sozialen Friedens aus, ohne jedoch der Austragung wirklicher Interessenkonflikte zwischen Kapital und Arbeit hinderlich zu sein. Denn ihre Selbstverwaltungsmaschinerie läßt jede Möglichkeit der Aufwerfung solcher Konflikte zu, nötigt aber zu einer sachlichen Urteilsfindung und damit zu einer Unterwerfung der Parteien unter die Norm des Rechts."(115)

1.10.4 Politische Bedeutung

Die soziale Demokratie sei die Integration der politischen Demokratie.

"Sie überwindet die formale Demokratie, die allen die gleichen individuellen Freiheiten sichert, ohne ihnen die gleichen sozialen Rechte zu geben." Diese Rechte bestünden in der gleichberechtigten Mitwirkung aller an der Leitung und Kontrolle des sozialwirtschaftlichen Prozesses und an der Verteilung der Einkommen und damit des Eigentums. "Gerade zufolge dieser Verwirklichung der sozialen neben den politischen Rechten sichert die soziale Demokratie gleichzeitig die Erhaltung der politischen Demokratie gegenüber den offenen und versteckten totalitären Tendenzen von heute." Die soziale Demokratie neutralisiere die Auswirkung der sozialen Dynamik auf den Staat und ermögliche diesem die Ausübung seiner wirklichen Hoheitsfunktion, und zwar durch ihre Selbstverwaltungsmaschinerie bei der Austragung der Interessenkonflikte nach dem Prinzip der Parität.

Der Staat erhalte also wieder seine Rolle als oberster Wahrer der Rechte aller Gruppen nach dem Prinzip des Gemeinwohles, während der Ausgleich der Gruppeninteressen selbst durch die soziale Maschinerie in der wirtschaftlichen Selbstverwaltung erfolge. Er ordne also die bloßen Gruppeninteressen dem Gemeinwohl unter. Die soziale Demokratie bedeute die Überführung des Prinzips der Subsidiarität der staatlichen Funktionen in die Praxis. "Gerade deshalb verlangt die soziale Demokratie ein weites Ausmaß von Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik." Durch die Verwirklichung des vollen Ausmaßes der Freiheit in der Wirtschaft, das mit dem Gemeinwohl vereinbar sei, fielen dem Staat in der Koordination der wirtschaftlichen Interessen und Tätigkeiten der einzelnen und der gesellschaftlichen Gruppen sowie der Funktionen der verschiedenen Organe der Selbstverwaltungsmaschinerie bedeutende Aufgaben der Wirtschaftspolitik zu: Aufgaben der obersten Planung, Leitung und Kontrolle mit dem Ziele der vollen Ausnützung der nationalen Wirtschaftsquellen und vor allem mit dem Ziele der Vollbeschäftigung. Dazu kämen noch die jenseits des wirtschaftlichen Selbstverwaltungsbereiches liegenden Aufgaben der Sozialpolitik: die Festlegung eines Rahmens von Sozialpolitik im Interesse der Arbeiterschaft, wodurch ein Minimum sozialer Standards im Bereich des Arbeitsvertrags allgemein verbindlich gemacht und ein für allemal dem sozialen Kampf entrückt werde.

1.10.5 Geistige Bedeutung

Die "soziale Demokratie bedeutet die Befreiung der Gesellschaft von den desintegrierenden ideologischen Spannungen, die aus der sozialen Dynamik erwachsen."

Ihre Selbstverwaltungsmaschinerie gebe allen Gruppen der Gesellschaft die Möglichkeit, sich unmittelbar ihre Rechte in der sozialwirtschaftlichen Kooperation zu sichern, zentriere aber zugleich ihr Interesse auf den gemeinsamen Zweck dieser Kooperation und die Einzelprobleme der Kontrolle dieses Prozesses mit dem Ziel seiner optimalen Produktivität als Grundlage des sozialen Fortschritts. "In der sozialen Demokratie wird daher nicht so sehr um die Kredos sozialer Ideologien als vielmehr um den unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt gerungen: sie wirkt damit der Politisierung des Geistes entgegen, die die moderne Gesellschaft nach dem Bekenntnis zu ideologischen Systemen aufteilt und das Individuum zum Kampfobjekt der sich zu diesen Systemen bekennenden Parteien und Klassen macht." Damit ermögliche sie ein Vollmaß schöpferischer Freiheit und der Gesellschaft im ganzen eine gegenüber den Interessenmächten gesicherte Atmosphäre geistiger Freiheit. Sie "gewährleistet damit jenes Minimum unveräußerlicher Freiheitsrechte, das die ganze Geschichte der Menschheit als Voraussetzung und Kennzeichen kulturellen Anstieges von Gesellschaften erweist."(116)

2. Kurze Anmerkungen zur Verbindungslinie der berufsständischen Ordnung als Ordnungsidee zur Sozialpartnerschaft

2.1 Heutiges Verständnis der Sozialpartnerschaft (in Österreich)

"Sozialpartnerschaft wird heute als Form einer Zusammenarbeit von Kapital und Arbeit verstanden, vor allem aber der gesellschaftlichen Gruppen, die über diese Produktionsfaktoren verfügen."(117) Grundsätzlich können Kapital und Arbeit als die beiden gesellschaftlichen Gruppen angesehen werden, die in einem Interessengegensatz, zugleich aber auch in einer Interessenverbundenheit stehen. Die Wirtschaft beruht weitgehend auf dem Zusammenspiel dieser beiden gesellschaftlichen Gruppen. Um einer Überlegenheit der einen Gruppe über die andere vorzubeugen, also um eine Klassenkampfsituation zu verhindern, bietet sich Partnerschaft an. Zur Sicherung und vernünftigen Ermöglichung dieser Kooperation bedarf es geeigneter Institutionen. Diese können heute allgemein als "Unternehmerverbände", das "Kapital" vertretend, und "Arbeiterorganisationen", die "Arbeit" vertretend, bezeichnet werden. "Die Zusammenarbeit dieser Verbände oder Organisationen, unter Mitwirkung der Bundesregierung und der politischen Parteien, ergibt das österreichische Modell."(118)

In Österreich kann zwischen einer "autonomen" und "nicht-autonomen" Sozialpartnerschaft unterschieden werden.(119) In der "autonomen" arbeiten die Arbeitnehmer- und die Arbeitgeberverbände ohne gesetzlichen Auftrag freiwillig zusammen. Diese Art der Sozialpartnerschaft ist in der Paritätischen Kommission für Preis- und Lohnfragen (seit 1957) konkretisiert, unter Beteiligung der Bundesregierung. Die enge personelle Verflechtung von Regierung, Parteien und Verbänden führt oft dazu, daß die Entscheidungen der "autonomen" Sozialpartnerschaft auf der Ebene des Parlamentarismus de jure abgesichert werden. Hier haben sich demokratiepolitische und verfassungsrechtliche Bedenken(120) ergeben, weil diese Einrichtung außerhalb der Bundesverfassung und echter Kontrolle stehe. Vor allem Entscheidungen, die über die Interessensphäre der Sozialpartner hinausreichten, wurden kritisiert. Die österreichische Verfassung steht jedoch der Sozialpartnerschaft nicht negativ gegenüber. Der Grundsatz der Subsidiarität "ist im österreichischen Verfassungsrecht zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, wohl aber stillschweigend vorausgesetzt, wenn es unter anderem dem bundesstaatlichen Prinzip zu entsprechen sucht, neben der Staatsverwaltung verschiedenste Formen der Selbstverwaltung vorsieht und die Vereinsfreiheit gewährt."(121)

Unter der "nicht-autonomen" Sozialpartnerschaft versteht man die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden in wichtigen staatlichen Einrichtungen. In über hundert Institutionen, Beiräten und Kommissionen wirken die großen vier Interessenverbände (Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Arbeiterkammertag, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, Gewerkschaftsbund), durch Gesetze geregelt, bei der Gestaltung der staatlichen Verwaltung mit. Die Zweite Republik hat also die Sozialpartnerschaft "erst zur vollen Entfaltung gebracht, auch wenn die Anfänge sozialpartnerschaftlicher Kooperation bis in die Monarchie zurückreichen. Als Gegenprinzip zum Klassenkampf kann diese Sozialpartnerschaft ihre ideellen Beziehungen zum christlichen Sozialdenken nicht verkennen."(122)

Sozialer Friede und wirtschaftliche Stabilität sind in Österreich eng mit der praktizierten Sozialpartnerschaft verbunden.(123) Unter 15 in einer Streikstatistik genannten Ländern befindet sich Österreich mit jährlich sieben verlorenen Arbeitstagen je 1000 Arbeitnehmer im Durchschnitt der Jahre 1970 bis 1991 an zweiter Stelle.(124) Mit der Schweiz (an erster Stelle: ein Arbeitstag) und den Niederlanden (an dritter Stelle: 27 Arbeitstage) befinden sich jene Länder an der Spitze, die als Beispiele für sozialpartnerschaftliche Entwicklung herangezogen werden können.(125) An letzter Stelle ist Italien mit 1000 verlorenen Arbeitstagen genannt.

2.2 "Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft" bei Messner selbst

Eine kleine Überschriftsänderung von der sechsten neubearbeiteten Auflage 1956 der SF hin zur siebenten Auflage 1964 ist doch bemerkenswert: Während im 4. Abschnitt "Die Gesellschaft" des III. Teils "Die christliche Sozialreform" der 132. Punkt zunächst mit "Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft"(126) überschrieben war, so änderte Messner dann diesen 132. Punkt auf "Pluralistische Gesellschaft und Gemeinwohlverantwortung"(127), allerdings unter Angabe einiger Unterüberschriften, wie z. B. auch "Berufsständische Ordnung". 1956 betonte Messner: "Wichtiger als alle Fragen der Organisation der berufsständischen Ordnung sind die Fragen der den Berufsständen und der berufsständischen Ordnung zukommenden Funktionen. Die Grundfunktion kann nur aus dem Sozialzweck der gesamtgesellschaftlichen Leistungsverbundenheit ermittelt werden, oder, was das gleiche ist, aus dem Ziel der allseitigen Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit."(128)

Zur grundsätzlichen Berechtigung der Begriffe "Klassen" und "Klassengegensätze" führte Messner aus, daß diese Begriffe ihre Geltung auch bei fortgebildetem Sozialpartnerschaftsverhältnis behielten. "Dies hervorzuheben scheint unter anderem auch deswegen geboten, weil die Idee der berufsständischen Ordnung für viele durch ständestaatliche und korporative Systeme der jüngsten Vergangenheit kompromittiert ist und sich damit die Vorstellung eines Versuches der Unterdrückung der freien Selbstbestimmung in der Austragung der Interessengegensätze durch die Sozialpartner verbindet. Die Berechtigung der in Frage stehenden ... Begriffe, wenn sie nicht mit dem Prinzip der Macht, sondern dem der Gerechtigkeit verbunden werden, bleibt aber auch deswegen bestehen, weil die vielfältig arbeitsteilige Sozialwirtschaft immer neue Interessengegensätze zur Entstehung bringen wird"(129).

1964 stellte Messner fest, daß die Idee der berufsständischen Ordnung der Tagespolitik weit entrückt zu sein scheine. "Tatsächlich kann ... nur der in den gesellschaftlichen Bewegungskräften der Gegenwart die Richtung auf eine alle Interessengruppen einbeziehende Gemeinwohlverantwortung verkennen, dessen Denken durch historische oder doktrinäre Modelle angeblicher berufsständischer Ordnung fixiert ist. Eine solche Gemeinwohlverantwortung liegt der berufsständischen Idee zugrunde. In allen pluralistischen Demokratien, d. h. den freiheitlichen Demokratien mit den nach materiellen und ideellen Gruppeninteressen organisierten Verbänden, sieht man sich heute zu Überlegungen genötigt, wie für den Ausgleich der Gruppeninteressen Voraussetzungen geschaffen werden können, die die Wahrung des volkswirtschaftlichen Gemeinwohls, nämlich des Wirtschafts- und Einkommenswachstums bei möglichster Vollbeschäftigung und gleichzeitiger Geldwertfestigkeit zu gewährleisten vermöchten. Verschiedene Wege werden dabei versucht. In manchen Ländern bestehen Einrichtungen zur Festlegung von Richtlinien der im Allgemeininteresse vertretbaren Lohnpolitik unter Mitwirkung der Sozialpartner, so in Schweden, Holland, Frankreich und Österreich. Dabei ist an die gemeinsame Verantwortung der Sozialpartner und der Leistungsgruppen in der Einkommenspolitik als Teil der Gemeinwohlpolitik gedacht."(130) Messner hat hier selbst den Bogen von der berufsständischen Idee zu einer darin längst enthaltenen "Sozialpartnerschaft" gespannt. Noch klarer sagte er:

"Die Sozialpartnerschaft auf volkswirtschaftlicher Ebene bildet einen zentralen Gedanken der berufsständischen Ordnung. Was in Frage steht, ist die Form der wirtschaftlichen Mitbestimmung und Mitverantwortung der Arbeitnehmer bei der Steuerung der Volkswirtschaft im Sinne einer gerechtigkeits- und gemeinwohlorientierten Einkommens- und Wachstumspolitik. Dies ist die gesellschaftspolitische Grundfrage der freiheitlichen industriellen pluralistischen Gesellschaft mit ihrer auf Kapital und Arbeit beruhenden doppelpoligen Interessenlagerung. Alle Vorschläge, die etwas anderes vorsehen als die Gleichberechtigung der Sozialpartner bei dieser Willensbildung unterschätzen die soziologisch unzweifelhaft bestehenden Realitäten der pluralistischen Gesellschaft, aber ebenso die Möglichkeiten einer vom Vertrauen in die Logik des Sachverstandes zu erhoffenden Unterwerfung der Gruppeninteressen unter die Gemeinwohlimperative, die den mehr obrigkeitlich gedachten Gremien 'weiser Männer' versagt bleiben werden."(131) Für die christliche Sozialreform bestand nach den Prinzipien ihres sozialen Humanismus ein wichtiges Ziel der gesellschaftlichen Ordnungspolitik weiterhin "in der Volleingliederung der abhängig Beschäftigten in die Gesellschaft durch die allseitige Sozialpartnerschaft in Mitverantwortung und Mitbestimmung auf den drei Ebenen des Betriebes, des Wirtschaftszweiges (Leistungsgruppen) und der Volkswirtschaft im ganzen, nach Maßgabe der Gemeinsamkeit von Interessen und Leistungen auf den drei Stufen."(132) "Das Ziel ist daher die Partnerschaft in Mitverantwortung und Mitbestimmung im Betrieb, in der Berufsgemeinschaft, in der Sozialwirtschaft."(133) Noch 1968 meinte Messner: "Trotzdem ist das Problem der Arbeit, wie es seit hundert Jahren in der modernen Industriegesellschaft besteht, im Grunde noch ungelöst. Der Staat hat mit der Sozialpolitik das Seinige getan, die Arbeitsmarktparteien haben das ihrige getan, auch im Unternehmen ist viel geschehen. Das Entscheidende steht aber immer noch aus: daß der durch den Arbeitsvertrag Verpflichtete im täglichen Arbeitsleben des Betriebes sich als voll geachteter und voll verantwortlicher Mitarbeiter bei der Erreichung des Unternehmenszieles wissen kann. Nur so wird er bei der Berufsarbeit im Betrieb den der Arbeit eigenen Lebenssinn finden"(134).

Weil im ganzen Wesen der berufsständischen Ordnung der vorgezeichnete Weg vom Klassenkampf zur Sozialpartnerschaft liege, und zwar in Volkswirtschaft, Wirtschaftszweig und Betrieb: "Darum läßt sich ganz kurz sagen: Die berufsständische Ordnung ist das System der allseitigen Sozialpartnerschaft."(135) Die tragenden Prinzipien der Idee der berufsständischen Ordnung waren für Messner das Subsidiaritäts-, das Solidaritäts- und das Paritätsprinzip.(136)

Messner hielt 1964 daran fest, daß die Idee der berufsständischen Ordnung weiterhin in der katholischen Soziallehre, auch in der päpstlichen, ihre Bedeutung behalten habe: "Hat nicht aber die neue Sozialenzyklika Mater et Magistra die Idee der berufsständischen Ordnung zurückgestellt oder gar fallengelassen? Die Stimmen, die diese Anschauung vertreten, befinden sich im Irrtum. Mit Berufung auf Quadragesimo anno von Pius XI. weist Johannes XXIII. auf die Vorherrschaft der Einzel- und Gruppeninteressen in der Wirtschaft hin und auf die Unerläßlichkeit ihrer Unterstellung unter die Gemeinwohlforderungen."(137)

Zum Wirtschaftssystem sagte Messner 1977 grundsätzlich weiterhin: "Wohl ... gibt es christliche Sozialprinzipien, die je nach den geschichtlichen Umständen zu Ordnungsimperativen werden. Für die hochentwickelten Volkswirtschaften bestehen drei solcher Sozialprinzipien. Die Folge ist, daß nur ein gemischtes Wirtschaftssystem den Forderungen der allseitigen Gerechtigkeit entspricht."(138) Nicht nur dem Staat blieben noch große Aufgaben zur Ordnung der interessenbestimmten Wirtschaftstätigkeit, sondern Messner betonte auch 1980 noch in Kontinuität zu seinen Forschungen von Anbeginn: "Angesichts der Verbandsinteressen der organisierten Wirtschaftsmächte erlangt die Verpflichtung zur Selbstkontrolle eine erhöhte Aktualität. Den Maßstab dafür bildet das Gemeinwohl. Dieses verpflichtet die Interessenverbände, gemeinwohlschädigende Tarifvertragsforderungen zu vermeiden."(139)

Um jedoch zu klären, welche "Sozialpartnerschaft" bei Messner vorzufinden war, genügt es, die Definition Rudolf Weilers abschließend vorzustellen: "Sozialpartnerschaft soll nach unserem Verständnis die Verbundenheit interessengegensätzlicher Gruppen in einem bestimmten Zweig der Volkswirtschaft zur Kooperation als Leistungsgruppe sein mit dem (auch im eigenen Interesse gegebenem) Ziel der möglichsten volkswirtschaftlichen Produktivität."(140) Messner hat also Sozialpartnerschaft im Vollsinn nie als "Berufsständische Ordnung ohne Berufsstände" verstanden!

2.3 Versuch einer Bewertung der bei Messner aufgezeigten Verbindungslinie

Alfred Klose sprach bezüglich des wissenschaftlichen Hauptwerkes Messners zu unserer Thematik von einem "Versuch, eine realistische und zukunftsorientierte Konzeption dieses politischen Systems gegenüber den Fehlentwicklungen der Gegenwart zu entwickeln."(141) Insbesondere aus der geschichtlichen Situation der 1930er Jahre sei Johannes Messner dem Gedanken einer berufsständischen Ordnung sehr nahegestanden. "Letztlich ist in der spezifischen Ausprägung der Sozialpartnerschaft eine Weiterentwicklung jener Konzeption zu sehen, die zumindest gedanklich mit der Berufsständischen Ordnung zusammenhängt. Gewiß sind die organisatorischen Konsequenzen andere; der Sozialpartnerschaft geht es aber um jene Kooperation, die auch die Enzyklika Quadragesimo anno mit ihrer Idee der partnerschaftlichen Zusammenarbeit im Auge hatte."(142) Messner sei im Zusammenhang mit der in Österreich nach dem II. WK gebildeten "Sozialpartnerschaft" bemüht gewesen, aus der unmittelbaren Erfahrung die komplexen Probleme der Organisation und Tätigkeit der Sozialpartner erkennen zu können.(143) Für Klose hat Johannes Messner im Wandel seines Denkens in der berufsständischen Ordnung zur "Sozialpartnerschaft" die gedankliche Verbindung hergestellt.(144)

Wenn man außerdem die oben bereits genannte Definition für Sozialpartnerschaft bei Rudolf Weiler berücksichtigt, so könnten wesentliche Ordnungsgedanken der berufsständischen Ordnung Messners in der "Sozialpartnerschaft" lebendig sein. Aufgrund des von Messner besonders herausgestellten Subsidiaritäts- und Paritätsprinzips in seinen Werken von Anbeginn erhält die Interpretation Kloses hohes Gewicht. Es bleibt mit ihm auch festzuhalten, daß die in Österreich nach dem II. WK gebildeten Interessenvertretungen und Selbstverwaltungskörper sich nicht in eine "berufsständische Organisation" hineinentwickelten, aber sich sehr wohl "in der sozialpartnerschaftlichen Kooperation ... nach ähnlichen Ordnungs- und sogar Organisationsprinzipien" entwickelten, "wie sie von Messners berufsständischer Konzeption erdacht wurden."(145)

Nach Meinung des Verfassers wäre es weiterhin verfehlt, "im modernen wirtschaftlichen Pluralismus schon eine Wirtschaftsordnung nach Zwischengliedern zu sehen"(146). Zudem hat Messner mit dem Begriff einer "Sozialpartnerschaft" nicht (nur) das österreichische "System der Zusammenarbeit zwischen Regierung, Unternehmern und Arbeitnehmern auf allen Gebieten der Sozial- und Wirtschaftspolitik"(147) angezielt und gemeint, sondern vielmehr eine "umfassende Sozialpartnerschaft mit einer Gliederung des volkswirtschaftlichen Leistungskörpers in Leistungsgemeinschaften ..., die im Verhältnis zu den Interessenorganisationen als Primärverbände zu gelten haben, ihrerseits aber ihre Aufgaben in Unterordnung unter die Gemeinwohlfunktion der politischen Autorität und die Gemeinwohlfunktion des wettbewerbsgesteuerten Marktes erfüllen würden."(148) Die primäre Leistungsverbundenheit der Sozialpartnerschaften als Leistungsgruppen scheint für Messner ein wesentliches Moment geblieben zu sein, wenn er auch ein Schweigen in die "berufsständische" Richtung von seiten der kirchlichen Sozialverkündigung ab MM zur Kenntnis nehmen mußte und wohl auch berücksichtigt hat. Die "empirische Grundlegung hat Messner immer davor bewahrt, starre Regeln für Sozialkonzepte vorzulegen; er war sich der Notwendigkeit, aber auch der Tatsache des immer neuen sozialen Wandels bewußt"(149).

2.4 Bleibendes der berufsständischen Ordnung: Prinzipien, Berufs- und Kulturgedanke - weiterhin kein "dritter" Weg

2.4.1 Prinzipieller Kern

Der bleibende Kern liegt im Prinzipiellen, nicht im Organisatorischen - das Ordnungsprinzip (der berufständischen Ordnung) ist auch vom kirchlichen Lehramt nicht aufgegeben.(150) Der Gemeinwohlvorrang vor den klassenmäßig organisierten Interessen der Arbeitsmarktparteien, der weite Bereich freier gesellschaftlicher Gestaltung nach Zweckmäßigkeiten, die Förderung der Privatinitiative vor dem Dirigismus, der freie Wettbewerb im Rahmen der sittlichen Ordnung können neben neuen, aufgrund prinzipieller Einsicht herbeigeführten institutionellen Entwicklungen (Schiedsstellen, Konsumentenschutz) zunächst angeführt werden.(151)

Als Prinzip der geordneten gesellschaftlichen Kooperation folgt die berufsständische Ordnung also dem Gemeinwohl- und Subsidiaritätsprinzip. "Es ist das Prinzip des naturgemäßen gesellschaftlichen Pluralismus in der Sozialwirtschaft."(152) Ein Hauptgrund für die allgemein nicht mehr ausdrücklich angestrebte berufsständische Ordnung, auch im realistischen Sinne Messners von 1936, scheint dabei "die organisatorische Komplizierung des sozialwirtschaftlichen Prozesses zufolge der ungeheuer gesteigerten Arbeitsteilung"(153) zu sein. Heute gilt es, anstelle eines idealisierten und konstruierten Systems von "Ständen" nach "Verbänden Ausschau zu halten, die ohne administrative Lenkung über ihre Gruppeninteressen hinaus einen Zugang zur Kooperation zugunsten des Gemeinwohls finden."(154) Das, was in der Praxis von der berufsständischen Ordnung zur Realisierung übrigzubleiben scheint, ist letztlich eine überbetriebliche sozialpartnerschaftliche Ordnung im Sinne des Paritätsprinzips und Rechtsgedankens, während die öffentlich-rechtlichen Korporationen, die eigentlichen Berufsstände im Vollsinn, sich einfach nicht durchgesetzt haben. Auch die in den siebziger Jahren entstandene sog. Neokorporatismustheorie beschreibt das Phänomen der Sozialpartnerschaft als Institution in demokratischen Industriegesellschaften so, daß nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen je organisierte Berufsverbände zwar für die sozioökonomischen Interessen ihrer Mitglieder wirkten, aber in Absprachen (Kollektivverträgen) mit ihrem "Gegenverband" kooperieren würden, der nicht mehr als Klassenfeind erscheine. Die Kooperation der Verbände mit dem Staat führe diese wiederum an das Gemeinwohl heran.(155)

Die Aufgabe der berufsständischen Ordnung lebt auch weiter in der Solidaritätsidee. "Wir sprechen von der berufsgemeinschaftlichen Solidarität in Verantwortung und Interesse als dem aus den menschlichen Naturanlagen und der geschichtlichen Kulturentwicklung erkennbaren ethischen Ordnungsprinzip hinsichtlich der Berufsgliederung der Gesellschaft."(156) Johannes Messner ist immer von einer Solidarität des Menschen auf verschiedenen Ebenen der menschlichen Gesellschaft ausgegangen: Der Mensch finde sich in kleinere und größere Gemeinschaften gestellt und habe daraus seine besonderen Verpflichtungen denselben Gemeinschaften gegenüber. So gebe es Solidaritätsverpflichtungen gegenüber der Betriebsgemeinschaft, aber auch gegenüber dem Berufsverband. Auf dieser mehrschichtigen Solidarität der berufsständischen Ordnung beruht letztlich auch die Sozialpartnerschaft.(157) Auch QA hatte eine mehrfache Solidarität im Auge. Die bleibende Aktualität des berufsständischen Gedankens Messners auf diesem Gebiet zeigt sich ebenfalls in der letzten päpstlichen Sozialenzyklika CA (1991), die auch den Titel "Solidarität statt Klassenkampf"(158) tragen könnte. Um die heute verbreitete individualistische Denkweise zu überwinden, brauche es ein "konkretes Bemühen um Solidarität und Liebe, das in der Familie beginnt". "Außer der Familie erfüllen auch andere gesellschaftliche Zwischenkörper wichtige Aufgaben und aktivieren spezifische Solidaritätsnetze. Diese reifen in der Tat zu echten Gemeinschaften von Personen heran, beleben das gesellschaftliche Gefüge und verhindern, daß es in die Anonymität und in eine unpersönliche Vermassung absinkt, wie es in der modernen Gesellschaft leider häufig der Fall ist (...) Der einzelne wird heute oft zwischen den beiden Polen Staat und Markt erdrückt."(159) Die Kirche müsse "auf einer Gesellschaftsordnung ohne Unterdrückung und gegründet auf den Geist der Zusammenarbeit und Solidarität"(160) bestehen. Das meint nicht Solidarität als bloße Gesinnungsformel, sondern als christliche Tugend im Sinne der festen und beständigen Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen(161), was ohne entsprechende Einrichtungen ("Netze") nicht möglich sein wird. Es geht heute zudem um eine weltweite Kultur der Solidarität.(162)

2.4.2 Beruf und Kultur

Damit ist bereits der für Messner so wichtige und heute nicht minder aktuelle Kulturgedanke angesprochen. "Könnte dem modernen Arbeiter ein schöpferischer Daseinssinn in seinem Berufsleben ermöglicht werden, dann würde die Berufsarbeit, ganz anders als heute, wieder ein wesentlicher Teil sittlicher Persönlichkeitserfüllung und menschlicher Lebenserfüllung werden. Es ist klar, daß es sich dabei nicht nur um eine Schicksalsfrage des modernen Arbeiters, sondern ebenso um eine Schicksalsfrage der modernen Gesellschaft und Kultur handelt."(163) Als Mittel auf dem Weg zur schöpferischen Lebenserfüllung in der Berufsarbeit galt für Messner die Verwirklichung der Arbeiterrechte auf Mitverantwortung und Mitbestimmung hinsichtlich des Arbeitsgeschehens auf allen drei Ebenen der sozialwirtschaftlichen Kooperation: im Betrieb, in der Berufsgemeinschaft und in der Sozialwirtschaft. Die solidarische Berufsgruppe werde zur Gemeinschaft mit eigener Gemeinschaftsverantwortung, sich erstreckend auf die Berufsausbildung, Leistungsqualität, Berufsehre und Traditionspflege.(164) Von verschiedenen Gesichtspunkten her wies Messner auf die Bedeutung der aktiven schöpferischen Anteilnahme am Prozeß der Erhaltung und Ausweitung des Wertgüterbestandes und des Wertwachstums der Kultur hin. Zugleich zeigte sich für Messner (1954) klar, daß eine unerläßliche Voraussetzung der Wiedergewinnung dieser Anteilnahme "für alle Gruppen der Kulturgemeinschaft darin besteht, daß die individualistisch-kollektivistische Massengesellschaft in eine Gemeinschaftsordnung überführt werde, in der das Berufsprinzip wieder vollgültiges gesellschaftliches Organisationsprinzip ist und die Berufsgemeinschaft ein Vollmaß von wirtschaftlich-sozialer Mitverantwortung besitzt."(165) Der abschließende Kommentar Messners zu diesen seinen Ausführungen sollte auch heute dazu führen, die berufsständische Ordnung mit ihren Prinzipien nicht einfach wegen ihres Namens zu übergehen, sondern vielmehr für heute fruchtbar zu machen: "Es ist noch kein anderer Weg aus der gegenwärtigen wesentlich auf den Zerfall der Gemeinschaftsordnung zurückgehenden Kulturkrise gewiesen worden."(166)

2.4.3 Weiterhin kein "dritter" Weg

Die vorliegende Arbeit hat bisher mit größter Klarheit gezeigt, daß Johannes Messner mit der Idee einer berufsständischen Ordnung zu keinem Zeitpunkt einen "dritten Weg" vorstellen wollte. In seiner "Monatsschrift für Kultur und Politik" ist zu einer Rede Kanzler Schuschniggs ein kleiner Kommentar zu finden, dem man die Handschrift Messners ansieht: "Es ist klar, der schrankenlose Wettbewerb kann nicht Ordnungsprinzip der Wirtschaft, die schrankenlose Freiheit nicht Ordnungsprinzip der Gesellschaft sein. Der Kanzler hat es aber auch abgelehnt, die antiliberale Losung aufzunehmen. Denn antiliberal in voller Konsequenz ist gleichbedeutend mit totalitär auf staatlichem Gebiet, mit sozialistisch auf wirtschaftlichem. Die berufständische Ordnung soll - das ist ja ihre sekulare Aufgabe - über diese beiden Extreme, den Liberalismus und Sozialismus, hinausführen. Auf dem Gebiete der Wirtschaft ist darum ... das Ziel die rechte Synthese von Einheit und Freiheit. Das ist nichts anderes als der geordnete Wettbewerb. Der Leistungswettbewerb verwirklicht die Freiheit im Wirtschaftsleben, aber die Freiheit muß geordnet sein."(167) Es entsprach also immer Messners Auffassung, was in den letzten päpstlichen Sozialenzykliken enthalten ist: "Die kirchliche Soziallehre ist kein 'dritter Weg' zwischen liberalistischem Kapitalismus und marxistischem Kollektivismus und auch keine mögliche Alternative zu anderen, weniger weit voneinander entfernten Lösungen"(168). Die Kirche legt keine wirtschaftlichen und politischen Systeme oder Programme vor. Sie muß aber "in bestimmten menschlichen Situationen, sei es auf individueller und sozialer, nationaler und internationaler Ebene, das Wort ergreifen. Dafür hat sie eine eigene Lehre, ein Lehrgebäude aufgestellt, das es ihr ermöglicht, die soziale Wirklichkeit zu analysieren, sie zu beurteilen und Richtlinien für eine gerechte Lösung der daraus entstehenden Probleme anzugeben."(169) Johannes Messner hat als Sozialrealist führend mitgeholfen, daß die katholische Soziallehre zur Grundlegung je unterschiedlicher Reformversuche zukunftsweisende Ordnungsprinzipien anbieten konnte, die in der Ordnungsidee bzw. im Ordnungsbild der berufsständischen Ordnung enthalten waren. "Die Gegnerschaft marxistisch-kommunistischer Kreise zur Sozialpartnerschaft wegen Schwächung der Arbeiterklasse und die Kritik derselben durch laboristische Richtungen auch in der Katholischen Soziallehre zeigen, daß es sich hier um eine Entwicklung im Rahmen der kapitalistischen Wirtschaftsweise, eben als Kooperation von Kapital und Arbeit, handelt, also auch nicht um einen sog. eigenen dritten Weg. Hingegen wirkt die naturgemäße Dynamik (Naturrecht) der menschlichen Sozialordnung im Sinne der Sozialprinzipien und damit hier des Prinzips der Berufsständischen Ordnung auf einen Interessenausgleich zum Gemeinwohl hin, in verschiedenen Formen und mit unvollkommenem Erfolg."(170)

3. Problemgeschichtliche Anmerkungen Messners zur Zwischenkriegszeit

3.1 Allgemeine Lage der Sozialethik

Im Jahre 1971 bezog Johannes Messner skizzenhaft, problemgeschichtlich Stellung. Die konkrete Problematik sah Messner für die Sozialethik in den Zeitumständen. Für die Zwischenkriegszeit stellte er fest: "Während die konkrete Sozialreform das Gebot der Stunde gewesen wäre, war die Diskussion in leidenschaftlichen Auseinandersetzungen über den Eigentumsbegriff verfangen."(171) Es habe zu sehr das Denken in volkswirtschaftlichen Zusammenhängen gefehlt, und eine Hauptfront sei auf die Arbeitswertlehre festgelegt gewesen. Auch in der Kapitalismusdiskussion seien zu häufig ideologisch geprägte Begriffe (Marx) statt ökonomische Sachargumente verwendet worden. Auch QA habe mit dem Begriff der "kapitalistischen Wirtschaftsweise", wonach "es im allgemeinen andere sind, die die Produktionsmittel, und andere, die die Arbeit zum gemeinsamen Wirtschaftsvollzug beistellen", nicht zu einer größeren Einheit der Richtungen des sozialen Katholizismus geführt. Entschuldigend führte Messner an, daß die genaue Kenntnis der volks- und weltwirtschaftlichen Prozesse für das Finden konkreter Wege aus der Krise weithin gefehlt hätten, und das in Anbetracht der komplizierten modernen Volkswirtschaft. Man(172) habe sich also die Köpfe über den Wettbewerb wund diskutiert, "als schon lange eindeutig feststand, daß die Dauer der Wirtschaftsstagnation nach dem Ersten Weltkrieg nicht zuletzt darauf zurückging, daß die Unternehmer den Wettbewerb durch die Bildung von Kartellen möglichst auszuschalten bestrebt und darin höchst erfolgreich waren. Man konnte sich weithin nicht dazu durchringen, zu sehen, daß der Wettbewerb eine Gemeinwohlfunktion erfüllt"(173).

Zur Problematik von Eigentum, Kapitalismus, Proletariat und Unternehmertum sei noch die des Zinses gekommen, in dem bekanntlich gewisse deutsche und österreichische Gruppen alles Unheil des Kapitalismus gesehen hätten, "nicht ohne Hinweis auf unverbesserliche Vertreter der Berechtigung des Kapitalzinses wie Oswald v. Nell-Breuning und Johannes Messner."(174) Die große katholische Öffentlichkeit habe allerdings an diesen richtungsgebundenen Auseinandersetzungen damals eher geringen Anteil genommen. Dazu seien sogar katholischerseits Neigungen vorhanden gewesen, in der Wirtschaft überhaupt etwas Unterkulturelles zu sehen und die Kultur im geistigen Bereich der Literatur, Kunst und Musik zu suchen.(175)

Nicht ohne Zusammenhang mit der Schwere der sozialen Frage in der Ersten Republik sei das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft, Einzelwohl und Gemeinwohl ein Hauptthema der wissenschaftlichen Sozialethik geworden. Nicht nur die beherrschende antiindividualistische Grundeinstellung führte zur Akzentuierung der Vorrangstellung des Gemeinwohls. Auch manche Sätze von Thomas v. Aq. wie, daß der Mensch Teil der Gemeinschaft und der "ganze Mensch auf die Gemeinschaft als Zweck hingeordnet sei" (S. Th. 2. II. qu. 65. a. 1.) "wurden zu wenig kritisch gelesen."(176) Dazu sei noch die problematische Breitenwirkung des Spannschen Universalismus mit dem gesellschaftlichen Ganzen als eigentlich Wirkliches gekommen. In der Folge hätten die Idee der Freiheit und der einzelmenschlichen Freiheitsrechte in Hinblick auf die neu geschaffene Demokratie und die drohende kollektivistischen Staatsauffassungen zu wenig Beachtung gefunden, auch durch die im katholischen Raum reservierte Haltung gegenüber der demokratischen Staatsform, welche gewöhnlich als unlöslich mit der liberalistischen Freiheitsauffassung und der Rousseauschen absoluten Volkssouveränität verbunden gesehen worden sei. - In diesem Bereich hätte sich auch Messner nicht besonders loben können.

Messner konstatierte aber einen erstaunlichen Reichtum an wissenschaftlicher sozialethischer Literatur der Zwischenkriegszeit, die jedoch verhältnismäßig geringen Einfluß auf den Gang der öffentlichen Auseinandersetzungen genommen hätte. Er erinnerte u. a. an Brauer, Briefs, Gundlach, Hildebrand D. v., Knoll A. M., Lugmayer K., Messner J., Nell-Breuning, Pesch H., Pieper A., Schmitz H., Seipel, Strieder J., Verdroß A. und Winter E. K. Für Österreich erkannte Messner als wirkungsgeschichtlich bedeutsames Schrifttum vor der Zwischenkriegszeit jenes von Vogelsang und Schindler.

3.2 Zum Experiment des Staates mit berufsständischer Gesellschaftsordnung

Während in Deutschland die innerkatholischen Auseinandersetzungen unter dem NS-Regime verstummt seien, sei in Österreich mit dem Experiment eines Staates mit berufständischer Gesellschaftsordnung für die Sozialethik eine neue Aufgabe entstanden. "Diese Aufgabe war um so schwieriger, als sie einerseits kritisch gegenüber dem Engagement einer Regierung sein mußte, die sich ausdrücklich zu der Enzyklika Quadragesimo anno bekannte, andererseits den politischen Realitäten Rechnung tragen mußte, die die Voraussetzungen für die Verwirklichung des von der Enzyklika vorgelegten Sozialmodells außerordentlich einengten."(177) Der politische Raum Österreich sei aber gezeichnet gewesen von einer jahrelangen Staatskrise. Messner stellte etwas nüchterner als 1935 fest, daß Österreich "durch eine Verkettung von Umständen schließlich unter einer Minderheitsregierung stand, die eben einen Waffengang mit dem sozialistischen Schutzbund zu bestehen hatte. Falsch wäre es zu glauben, diese Regierung hätte sich nur aus Verlegenheit zum Sozialmodell der Enzyklika bekannt."(178) Messner erinnerte an die Vortragstournee des "Volksbundes der Katholiken Österreichs" unter Führung eines "Politikers und Sozialethikers vom Format Dr. Seipels", welche für breiteste Information über die Gesamtideen der Enzyklika gesorgt habe. Er blieb aber 1971 dabei: "Die Initiatoren des Experiments waren bester Gesinnung und bestimmt durch ein in ihrer katholischen Überzeugung wurzelndes Verantwortungsbewußtsein. Was der Regierung vorschwebte, war ein demokratischer Korporativismus im Gegensatz zum italienisch-faschistischen."(179) Dies traf nach Meinung des Verfassers auf Messner selbst (auch) zu!

Als widrige politische Realitäten führte Messner primär die nationalsozialistische Bewegung mit ihrem Bombenterror und die sozialistische Untergrundbewegung an, "die dem angestrebten Sozialmodell ablehnend gegenüberstand wegen einer angeblichen Gefahr für die Kollektivvertragsfreiheit."(180) Aber zur politischen Realität hätte auch die straff organisierte Heimwehr mit ihrem Ideal des faschistischen Korporativismus gezählt, "was um so mehr zählte, als die Regierung ohne Unterstützung der Heimwehr nicht bestehen konnte." Diesbezüglich bewertete es Messner offensichtlich negativ, daß die Heimwehr das für die Entwicklung der berufsständischen Ordnung zuständige Sozialministerium gefordert hatte. "Nicht zu vergessen die seit drei Generationen liberalistische Mentalität der wirtschaftlichen Führungsschicht, desgleichen die besonders harte Klassenkampfideologie der stark organisierten sozialistischen Arbeiterschaft. Die Schwierigkeiten wurden nicht gemindert durch die Tätigkeit eines nach Österreich geflüchteten Universitätsprofessors, der mit einer Zeitschrift die Idee des 'Ständestaates' vertrat, während die Verantwortlichen einen Staat mit berufständischer Gesellschaftsordnung anstrebten."(181) Hier zeigte sich der Dualismus Messners Staat - Gesellschaft, wobei für ihn die gesellschaftliche Natur der berufsständischen Ordnung immer unbestritten war, deshalb "Staat mit berufständischer Gesellschaftsordnung". Messner hatte allerdings 1936 versucht, selbst dem Begriff "Ständestaat" sein QA-gerechtes Verständnis zur Unterstützung der rechten berufsständischen Ideen zu unterlegen. Ob das nicht doch vor allem daran lag, daß ein sog. "Verantwortlicher", nämlich Bundeskanzler Schuschnigg, häufiger vom "Ständestaat" sprach?(182) 1971 war der Begriff "Ständestaat" aber auch rufmäßig zerstört. Altes wiederholend und neue Akzente setzend, meinte Messner aber weiterhin: "Berufsständische Ordnung ist ganz und gar verschieden von ständestaatlicher Ordnung. Soweit unter 'Ständestaat' die Aufgliederung des Staatsvolkes in Verwaltungskörper nach 'Berufen' verstanden wird, ist er etwas wesentlich anderes als die berufsständische Ordnung, in der die Berufsstände in Selbstverwaltung ihre eigenen Angelegenheiten zu eigenem Rechte regeln. Ständestaat im angegebenen Sinne war der Korporativstaat des italienischen Faschismus, ihrer Tendenz nach die Reichsständeorganisation des Nationalsozialismus; das österreichische Experiment (1936 - 38) [sic!] wurde von politischen Kreisen als ständestaatliches (Wochenschrift 'Der Ständestaat') gedeutet, war es aber nicht nach den Absichten der für seinen Anlauf und für seine Programmierung Verantwortlichen. Berufsständische Ordnung ist gesellschaftliche Ordnung, sie würde an der staatlichen Ordnung der Demokratie, ihrer politischen Willensbildung und den damit verbundenen Rechten von Gesetzgeber und Regierung nichts ändern. Zu denken ist nur an eine Fortbildung der pluralistisch nach Gruppeninteressen orientierten zu der partnerschaftlich für das Gemeinwohl sich verantwortlich wissenden Gesellschaft."(183) Die Rede von der Zweckmäßigkeit bezüglich der staatlichen Ordnung ist nach dem II. WK einem deutlicherem Bekenntnis zum Bleiben der Rechtsordnung, verbunden mit der Forderung nach der Institutionalisierung der Verantwortung gewichen!

Messner erinnerte noch an die vom "Volksbund" in Wien abgehaltene dreitägige internationale Konferenz über die von der Enzyklika vertretene Idee der berufsständischen Ordnung im Jahre 1936. "Der Tagung wurde von Regierungsseite kein Hindernis in den Weg gelegt und den Vertretern der christlichen Sozialethik wurden trotz ihrer kritischen Haltung keine Schwierigkeiten bereitet. Daß angesichts der erwähnten politischen Realitäten ein autoritäres Regierungssystem für notwendig erachtet wurde, scheint verständlich."(184) Messner scheint also die Begründung für das autoritäre Regierungssystem doch von naturrechtlichen Argumenten noch mehr auf die politischen Umstände verschoben zu haben. Noch mehr betonte Messner 1971 den Übergangscharakter des Experimentes, den die maßgeblich Verantwortlichen seiner Meinung nach festhielten. Der "Name Ender, ein unbedingter Demokrat, verbürgte dafür; nicht weniger war Dollfuß, an der Genossenschaftsidee geschult, Demokrat. Angesichts der gegebenen Situation und der kurzen Anlaufzeit des Experiments erscheint es unfair, darüber zu Gericht zu sitzen und aburteilen zu wollen. Was die christliche Sozialethik angeht, so hatten sich ihre Vertreter immerhin so weit vorgearbeitet gegenüber dem durch widrige politische Realitäten bedingten Start, daß die ersten Hoffnungszeichen einer den Grundintentionen entsprechenden Entwicklung sichtbar wurden."(185) Diese Hoffnungszeichen entsprechen der tatsächlichen Lage, wie Wohnout erst kürzlich überzeugend herausstellen konnte.(186) Dann aber erfolgte die Annexion Österreichs im Jahre 1938.

4. Kommentare zur historischen Rolle Messners und kurze Wertung: Der "Austrofaschismus"- und Ideologenvorwurf

4.1 Zum Faschismusbegriff und zu konkreten Beispielen der Beurteilung Messners

Der Begriff "Faschismus" wird verschieden gebraucht. "Ursprünglich bezeichnete er das von Mussolini 1922 bis 1945 errichtete Herrschaftssystem in Italien."(187) Insofern ist er ein historischer Begriff. Messner selbst hat ihn vor allem im Zusammenhang mit italienischen Theoretikern verwendet. Der Begriff wird aber auch (oft ohne Differenzierung) für die in der Zwischenkriegszeit in Deutschland und anderen europäischen Staaten entstandenen, nach dem Führerprinzip organisierten politischen Bewegungen benutzt, die extrem nationalistisch, antiliberal und antimarxistisch eingestellt waren. Nach marxistischer Auffassung ist der Faschismus eine allgemeine historische Kategorie. "In der Phase des Spätkapitalismus der Industriegesellschaften komme es zu Versuchen der Bourgeoisie, ihre Herrschaft gegen den Vormarsch des Sozialismus zu verlängern und folglich zum Bündnis mit extremen Rechtskräften."(188) So wurde der Begriff für den Marxismus ein unreflektiertes politisches Kampfwort, auch gegen demokratische Parteien.

Für Österreich (1933 - 1938) im allgemeinen ist mit Ludwig Jedlicka zu sagen: "Die oft gebrauchten Ausdrücke 'Austrofaschismus' und 'Klerikofaschismus' für diese Epoche ... treffen ... keineswegs jenes Konglomerat von Bewegungen und Ideen, Persönlichkeiten und historischen Zufällen, die es im Jahre 1933 dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Dollfuß ermöglichte, unter massiver Hilfe Italiens ... eine Abwehrfront gegen Hitler aufzubauen, die immerhin bis März 1938 hielt"(189).

In einem Sammelband zur Geschichte der Ersten Republik können wir nun lesen, daß Messner "vor allem als gemäßigter Ideologe des Ständestaates in Erscheinung getreten"(190) sei. In einem anderen Sammelband zur "Sozialpartnerschaft" wird Messner von E. Tálos sogar unter die "Ideologen des Austrofaschismus"(191) eingereiht.

Tálos begeht hier offensichtlich zwei Fehler: Erstens versucht er durch Isolierung einer einzigen Stelle aus der BO 1936 "autoritär" gleichzusetzen mit "austrofaschistisch", was aber für die meisten Historiker nur für gewisse Heimwehrkreise gültig ist. Bleiben wir doch bezüglich des Verständnisses von "autoritär" bei einem unverdächtigen Zeitgenossen Messners: W. Röpke verstand in Zusammenhang mit der BO 1936 darunter - wie wir gesehen haben - die Notwendigkeit eines "über den Interessenten stehenden und sich kraftvoll durchsetzenden Staates, wobei die politische Verfassung dieses Staates zunächst als eine offene Frage behandelt werden kann."(192) Dies wurde der Auffassung Messners(193) gerecht. Allein die historische Tatsache der nicht nur buchmäßigen, sondern auch der sicher nicht einzigen politisch-praktischen Auseinandersetzung Messners mit einem "hierarchisch" denkenden Spann-Schüler im Rahmen der Verfassungsreform sollte zur überzeugenden Widerlegung jeglicher unbedachter "Austrofaschismus"-Einteilungen für Messner genügen.

Zweitens aber behauptet Tálos gewissermaßen, daß die Messnersche Variante der berufsständischen Ordnung in dem "austrofaschistischen" Herrschaftssystem realisiert worden wäre: "Für die Realisierung dieser Variante ist ... das austrofaschistische Herrschaftssystem Beleg"(194). Mit aller Entschiedenheit darf hier mit Messner gesagt werden, daß es unsinnig sei, "im österreichischen Experiment etwas anderes als den tastenden Versuch eines Anfanges und das außerdem unter schwierigsten Verhältnissen zu sehen"(195).

Die Einordnung Messners unter "die Idee der ständischen Organisierung der gesellschaftlichen Interessen, der Kooperation und Konzertierung zwischen Staat und gesellschaftlichen Interessen unter der Führung einer starken Staatsautorität"(196) könnte - allerdings nur rechtverstanden - akzeptiert werden. Bei Messner kann jedoch aufgrund seiner weit ausholenden realistischen Forschungen, auch und besonders in der BO 1936, sicher nicht mit Tálos von "Konsens- und Kooperationsideologie"(197) gesprochen werden. Die bei Messner erwiesenermaßen immer enthaltene "Sozialpartnerschaft" war nie Kooperationsideologie - die im Vergleich relativ erfolgreiche Praxis in Österreich darf wohl als die lebendigste Entgegnung dafür gelten, daß die natürliche Zugeordnetheit in Arbeitsgemeinschaft keine solche Ideologie ist.

Auch Alfred Diamant kann bei folgenden Ausführungen, betreffend den Mai 1934, nicht rechtgegeben werden: "Sogar Johannes Messner, dessen realistische, sozialpolitisch orientierten Lehren ihn deutlich von den utopischen, romantischen Träumen im katholischen Lager abhoben, hielt nun die monokratische Form der politischen Organisation für die einzige, die mit dem katholischen Dogma und dem Naturrecht in Einklang steht"(198). Er bezieht sich bei seinem Urteil, daß Messner der Versuchung romantischer Ideologie nicht widerstanden hätte, nur auf ein einziges isoliertes Zitat aus den Überlegungen zum katholischen Staat, das Diamant ebenfalls mit dem Ergebnis eines autoritären Staates abgeschlossen stehen läßt.(199)

Dabei hat er offensichtlich übersehen, daß bereits in diesem Zitat Messners von Umständen die Rede ist, welche die Bestimmung des Trägers der Staatsgewalt offen ließen. Außerdem hätte er schon aufgrund der Ausführungen Messners im selben Beitrag vor und nach der Passage sein Urteil revidieren müssen: Selbstverständlich führte Messner als katholisches Verfassungsideal eine Verbindung der bekannten drei Verfassungsprinzipien an. Ohne seinen Sozialrealismus aufzugeben, schrieb er weiter: "Nur dürfen Monarchie, Aristokratie und Demokratie nicht irgendwie im historischen Kleide gesehen werden, sondern sie müssen als Aufbauprinzipien staatlicher Ordnung genommen werden."(200) Als beste Verfassung im Sinne des katholischen Staatsgedankens führte Messner also die "gemischte Verfassung" an, in der alle drei Prinzipien vereinigt seien. Erst danach läßt Diamant aber sein Zitat mit der Behandlung des ersten Prinzips (Monarchie/Autorität) beginnen, und schließt es noch vor Behandlung des aristokratischen und demokratischen Prinzips ab. Von monokratischer Form der politischen Organisation kann also nicht einmal im Umfeld der Maiverfassung 1934 die Rede sein; Messner hat eine solche auch niemals aus dem katholischen Glaubensgut selbst abgeleitet, auch nicht aus dem Naturrecht. Dem Naturrecht entsprach für ihn die gemischte Staatsform und im übrigen die organische Demokratie bzw. der soziale Föderalismus!(201) Zum demokratischen Prinzip führte Messner aus, daß nicht zuletzt die Gefahr des Mißbrauches der Staatsgewalt, die jedes größere Staatswesen in sich schließe, "eine Kontrolle durch das Volk und seine Organe, wobei besonders an die Stände zu denken ist, notwendig macht."

Diamant hätte für eine gerechte Beurteilung Messners aus dem selben Beitrag vielmehr folgendes "undogmatische" Zitat bringen können: "Selbstverständlich wird den besonderen Umständen entsprechend das eine oder andere der genannten drei Prinzipien stärker hervortreten und der jeweiligen Verfassung zur Grundlage dienen, wobei nicht zuletzt die sittliche Höhe eines Volkes entscheidend ist."(202) Noch ein weiteres Zitat, welches Messners unverändert beibehaltenen, offenen Sozialrealismus zeigte, sei abschließend als Entkräftung der Analyse Diamants gebracht: "Da in der Natur, der der Staat grundsätzlich zugehört, auch die Entfaltung in der Kultur gelegen ist, ist unschwer das Mißverständnis zu beseitigen, daß an das Mittelalter zu denken sei, wenn vom katholischen Staate die Rede ist. Die katholische Staatslehre hat es indessen gerade in ihren besten Vertretern immer abgelehnt, ihrem Staatsbilde zu starre Formen zu geben (...) Katholischer Staat bedeutet also weder Wiedererweckung des mittelalterlichen Glaubensstaates ... bedeutet schon gar nicht eine Vorherrschaft der katholischen Kirche über den Staat."(203)

4.2 Zum Ideologiebegriff und -vorwurf im allgemeinen - Gesamtergebnis

Einen allgemein anerkannten Ideologiebegriff gibt es nicht.(204) Heinrich Schneider nennt unter mehreren Möglichkeiten "Ideologie als Komplex von Ideen, Wertvorstellungen, normativ bedeutsamen Überzeugungen, der praktischem Handeln Orientierung gibt, Gemeinsamkeit stiftet und insbesondere politische oder gesellschaftliche Ziele definiert"(205). Unter Heranziehung dieses Verständnisses könnte Messner vor dem II. WK im positiven Sinne als ein "Ideologe" des christlichen Staates mit berufsständischer Ordnung (nicht jedoch eines "Ständestaates"!) gelten.

Halten wir uns jedoch noch weitere Definitionen vor Augen, so bei Messner selbst 1966: "Ideologie ist ein von der wirklichkeitsbezogenen Wahrheit abweichendes Ideen- und Wertsystem, das Gesellschaftsgruppen zur Gewinnung von Einfluß und Macht für die Verwirklichung politischer Ziele dient. 'Politisch' ist hier im weiten Sinn der staatlichen, wirtschaftlichen, sozialen, internationalen Ordnungspolitik zu verstehen. Für die empirische Soziologie, das ist eine Wissenschaft des ausschließlich äußeren Erfahrungsbereiches, ist jedes Ideen- und Wertsystem, das gesellschaftlich-ordnungspolitische Ansprüche erhebt, eine Ideologie."(206) Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß Messners Vorstellungen im erstgenannten Sinne zur Gewinnung von Macht auch von Politikern des "Ständestaates" herangezogen worden sind. Aber gerade Messner hat mit einem enormen Untersuchungsaufwand einer einbahnigen, unrealistischen Version einer berufsständischen Ordnung entgegengewirkt. Das zeigen auch die Angriffe sowohl von liberal-kapitalistischer als auch links-christlicher Seite nach der Herausgabe des Werkes BO 1936, aber auch der unverdächtige W. Röpke. "Daß allerdings die christliche Soziallehre der ideologischen Verfärbung entgehen soll, kann nur annehmen, wer mit der Wissenschaftssoziologie und der ihr zugehörigen Ideologiekritik nicht vertraut ist. Denn für sie steht es wissenschaftlich fest, daß keine Gesellschaftslehre, welcher Art immer, der Beeinflussung durch die geschichtlich gegebene gesellschaftliche Verumständung zu entgehen vermag."(207) Auch das stellte Messner 1966 fest.

Wer aber nicht selbst ideologisch voreingenommen ist, wird kaum bestreiten können, daß sich auch im Schrifttum Messners vor dem II. WK ein Maß von dauernden und unanfechtbaren Erkenntnissen findet.(208) Mit Messner kann weiters festgehalten werden: "Wo indessen Folgerungen aus dem sittlichen Naturgesetz auf zeitbedingte Verhältnisse in Frage stehen, also das Urteil über die Formen ihrer Verwirklichung angesichts der konkreten Situation, kann die Berufung auf das Naturgesetz oder das Naturrecht ideologisch beeinträchtigt sein."(209) Doch die christliche Soziallehre sei eben nicht einfach Ideologie, "weil sie zutiefst naturrechtsverbunden ist."(210) "Die natürlichen Rechte und damit das Naturrecht ist ... ontologisch begründet, im Sein und in der Wirklichkeit der Menschennatur, wie sie sich der unmittelbaren menschlichen Erfahrung selbst darbietet."(211)

Es ist aber auch möglich, ausschließlich die im NR und im oben genannten Beitrag Messners auch angeführte Ideologiedefinition im soziologischen Sinne, also Ideologien als "Anschauungen über die Natur und den Zweck des Menschen und der Gesellschaft, die Einfluß auf die Gestalt und das Funktionieren der Gesellschaftsordnung haben"(212) heranzuziehen und zu bedenken. Gegen den Marxschen historischen Determinismus hielt Messner fest, daß Ideen und Werte auch unabhängig von den wirtschaftlichen Produktionskräften bestünden und Geltung hätten.(213) Ideen, die jedoch "nur Gegenstand der Meditation eines Philosophen sind oder nur im Bereich des philosophischen Gesprächs bleiben, fallen nicht unter die soziologische Kategorie des Ideologischen."(214) Das Ideologische wurde also neben anderen als ein bestimmender Faktor im Sozialsystem gesehen. Es "umfaßt nicht nur die im Vordergrund des Bewußtseins einer Gesellschaft stehenden Ideen, sondern mindestens gleicherweise jene, die in Sitten, Brauchtum und überhaupt im Volkstum wirksam sind und die tatsächlich im Konflikt mit anderen gestaltenden Kräften eine gewaltige Macht besitzen."(215) Kein Gesellschaftssystem sei nur durch eine Ideologie allein geformt. Und so müsse auch das Christentum "unter dem Gesichtspunkte einer empirischen Soziologie als eine der 'ideologischen Mächte' angesehen werden, die miteinander um den bestimmenden Einfluß auf die Gestaltung der Gesellschaftsordnung ringen."(216) In diesem Sinne hat zweifellos auch Messner im "Ständestaat" für den bestimmenden Einfluß der christliche Soziallehre, ihrer Ordnungsprinzipien und des rechtverstandenen Ordnungsbildes einer berufsständischen Ordnung gewirkt(217), sowohl wissenschaftlich als auch in vielen persönlichen Kontakten. Messner war dabei immer überzeugt, daß in "dem Umfang, in dem die ein Gesellschaftssystem bestimmenden ideologischen Kräfte von den wesenhaften Zwecken der menschlichen Natur abgehen", ein solches System versagen müsse "in der Verwirklichung des Gemeinwohls und daher in der Ermöglichung des wesenhaften Vollwohles aller Glieder der Gemeinschaft. Das Ideologische bestimmt die Zweckauswahl, nach der sich die Funktionen der Gesellschaftsordnung richten, und wird damit zu einer Hauptursache der sozialen Frage."(218)

Wenn man abschließend mit Herbert Schambeck als Ideologie eine Lehre versteht, "die von der Erfahrung einer Teilwirklichkeit aus den gesamten Bereich des Innerweltlichen zu erklären sucht"(219), dann erscheint Johannes Messner gegenüber ein harter Ideologievorwurf unglaubwürdig, weil er schon vor dem II. WK für seine umfassende und große "Gesamtschau"(220) Lob erhielt.

Die angestellten Überlegungen kommen also zu folgendem Ergebnis: Für die schwerwiegendste Einstufung Johannes Messners als "Ideologe des Austrofaschismus" können keine ernstzunehmenden Gründe angeführt werden. Schon bei gerechter Berücksichtigung der anderen Richtungen im "Ständestaat" kann von "Austrofaschismus" keine Rede sein. Aber auch in bezug auf den österreichischen Weg im allgemeinen ab 1933 scheint Messner weder Ideologe im Sinne des weitgehenden Absehens von der tatsächlichen Erfahrungswirklichkeit noch im Sinne einer unkritischen Idealisierung der Entwicklung zur angestrebten Gesellschaftsordnung gewesen zu sein, trotz seiner Loyalität zur Regierung des "Ständestaates".(221) Das gesamte wissenschaftliche Wirken, sämtliche Beiträge Messners sprechen für Anton Rauschers Bewertung: Messner "war unablässig bemüht, die Ethik vor exegetischen Kurzschlüssen zu bewahren, so als ob man aus der Heiligen Schrift unmittelbar Richtlinien für die Lösung von wirtschaftlichen Problemen schöpfen könnte. Und er kämpfte gegen Ideologisierungen an, für die Theologen dann am meisten anfällig sind, wenn sie meinen, sich nicht in die 'Niederungen' wirtschaftlicher Tatsachen begeben zu sollen, sondern von irgendwelchen geistigen Höhen oder ideologischen Standpunkten her dirigierend eingreifen zu können."(222)


ANMERKUNGEN

(1) Meßner (NR 1950) 5.

(2) Ders., Kulturethik mit Grundlegung durch Prinzipienethik und Persönlichkeitsethik, Innsbruck - Wien - München 2/1954, 683.

(3) Ders. (NR 1950) 183, Anm. 2: "Vielleicht darf ich den Leser hinweisen auf die eingehende Erörterung des fraglichen Problems, besonders in seiner Beziehung zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung, in meinem Buch: Die berufständische Ordnung, 1936, 25 ff."

(4) A. a. O., 220, Anm. 2: "Eine lange Liste derer, die sich an dieser Diskussion beteiligten, ist zu finden in meinem Buch: Die berufsständische Ordnung, 1936, 301".

(5) A. a. O., 323, Anm. 2, zit. siehe im entsprechenden Unterkapitel.

(6) A. a. O., 740: "Die sozialen Ordnungsfunktionen der Gewerkschaften, wie überhaupt der beruflichen Organisationen sind, wie sich aus unserer seinerzeitigen Behandlung derselben ergibt, überbetrieblicher Art und betreffen den ganzen Industriezweig." (Fettdruck v. Verf.)

(7) Ders. (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 600, Anm. 2: "Zu dieser und all in diesem Kapitel (85. Berufsgemeinschaft, Anm. v. Verf.) behandelten Fragen vgl. J. Messner, Die berufsständische Ordnung, 1936; das Buch darf als die umfassendste Theorie der berufsständischen Ordnung nach ihrer rechtlichen, staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Seite bezeichnet werden (mit ausgedehnten Literaturhinweisen)."

(8) Ders. (NR 1950) 96.

(9) A. a. O., 204.

(10) A. a. O., 265 f.

(11) A. a. O., 335.

(12) A. a. O., 322 - 335.

(13) A. a. O., 322 f; vgl. ders. (SF 6/1956) 576: "Diese Leistungsgemeinschaft nennen wir Berufsgemeinschaft oder Berufsstand oder Berufskörperschaft".

(14) A. a. O., 323, Anm. 2.

(15) A. a. O., 122.

(16) A. a. O., 123.

(17) A. a. O., 124.

(18) A. a. O., 128. Diesen Ansatz hat er auch schon vor dem II. WK.

(19) Ders. (BO 1936) 263 f., Anm. 27: "Man kann die Vielheit der kleineren Gemeinschaften und ihrer Eigenrechte, in die sich die staatliche Gesamtgemeinschaft gliedert, als 'sozialen Pluralismus' bezeichnen (Ulrich Scheuner, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, XXVI. Bd., 1933, H. 2), wenn auch der Ausdruck 'sozialer Föderalismus' treffender ist, weil er eine Gesamtordnung der sozialen Gliedkörper erkennen läßt; dagegen kann der Ausdruck 'politischer Pluralismus' (Carl Schmitt, Der Hüter der Verfassung, 1931) nur zur Umschreibung tatsächlicher Verhältnisse, nicht zur Bezeichnung eines Wesensbefundes staatlichen Seins dienen, soll nicht der Boden des Rechtes überhaupt verlassen oder das Recht zur Funktion tatsächlicher Machtverhältnisse herabgewürdigt werden." (Hervorh. v. Verf.) Sogar im Sachregister a. a. O., 339, konnte man das Stichwort "Pluralismus, sozialer" finden! - Vgl. auch Weiler, in: Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1992) 132: "Der berufsständische Gedanke war bei Johannes Messner eingebettet in die Vorstellung eines natürlichen Pluralismus der Gesellschaft, auch im Bereich der Wirtschaft. Dies folgt eindeutig aus seinem ... Grundsatzreferat bei der Katholisch-Sozialen Tagung in Wien 1929. Von diesem Grundgedanken ist Messner auch nach 1934 nicht abgegangen." (Vgl. Meßner, Katholische Aktion und soziale Frage, in: Die katholisch-soziale Tagung [1929] 7 - 31.)

(20) Ders. (NR 1950) 235.

(21) Vgl. a. a. O., 236.

(22) A. a. O., 270.

(23) Vgl. a. a. O., 124 f., 181 f., 199 f., 276; vgl. auch ders. (NR 51966) 727; nach Klose (1991) 74.

(24) A. a. O., 135.

(25) A. a. O., 338.

(26) Natürlich erwähnte Messner auch berufliche Vereinigungen mit "mittelalterlichen" Zunft-Wurzeln: Rechtsanwälte und andere freie Berufe, Handwerkerinnungen, Universitätskörperschaften.

(27) A. a. O., 322.

(28) Messner hat sich jedoch bei allen berufsständischen Überlegungen immer - das sei hier betont, obgleich für den Leser bisher gut erkennbar - klar gegen alle faschistisch-korporative Tendenzen abgegrenzt, auch wenn er u. a. wegen der Notlage Österreichs der "Regierungsdiktatur" Dollfuß/Schuschnigg positiv gegenüberstand.

(29) A. a. O., 323; vgl. ders., Ethik. Kompendium der Gesamtethik, Innsbruck - Wien - München 1955, 322 f.; zit. nach Klose (1991) 66: "Die Berufsgemeinschaft (Berufsstand) ist die im Rahmen der sozialwirtschaftlichen Kooperation durch die gemeinsame gesellschaftliche Leistung verbundene Gruppe. Das Prinzip der Berufsgemeinschaft ist ein Ordnungsprinzip der Sozialwirtschaft, nicht des Staates, hat daher nichts mit 'Ständestaat' zu tun."

(30) A. a. O., 324.

(31) A. a. O., 325.

(32) Vgl. vor allem ders., Die soziale Frage im Blickfeld der Irrwege von gestern, der Sozialkämpfe von heute, der Weltentscheidungen von morgen. Von Johannes Messner. Professor der Ethik und Sozialwissenschaften an der Universität Wien, Innsbruck - Wien - München, 1964 (siebente, neubearbeitete Auflage)!

(33) Vgl. ders. (NR 1950) 114, 147 f.; vgl. aber 115, 125, 128, 139, 149, 183, 199! Vgl. zu den beiden erstgenannten Stellen auch ders., Das Naturrecht. Handbuch der Gesellschaftsethik Staatsethik und Wirtschaftsethik, Innsbruck - Wien - München 5/1966, 162 f., und ders., <Naturrecht>, in: Kath. Soziallex. (2/1980) 1899; aber noch 1980 ders., <Interesse>, in: Kath. Soziallex. (2/1980) 1198: Die Eigenrechte "sind geschätzt durch das Subsidiaritätsprinzip, das die Sonderinteressen von Familie, Ortsgemeinde, Berufsgemeinschaften, 'Ländern', kirchlichen Gemeinschaften und deren Autonomie wahrt." (Hervorh. v. Verf.)

(34) Vgl. a. a. O., 141: Vielleicht ist auch als verwirklichungserschwerend zur berufsständischen Ordnung 1936 anzuführen, daß die Produktivität in der fortgeschrittenen arbeitsteiligen Gesellschaft durch einen komplizierten Mechanismus ineinandergreifender und voneinander abhängiger organisatorischer Verhältnisse in der gesellschaftlichen Kooperation bedingt sei.

(35) A. a. O., 354, Hervorh. v. Verf.

(36) A. a. O., 183.

(37) A. a. O., 277.

(38) Vgl. aber schon ders. (SF 5/1938) 517. - Vgl. ders. (SF 7/1964) 609: "Zufolge ... ihrer doppelseitigen Verantwortung ist die Leistungsgruppe eine Gemeinschaft der naturrechtlichen Ordnung (...) Leistungsgemeinschaft im Dienste der Gesamtgesellschaft zu sein, hängt gar nicht vom Willen der Leistungsgruppe ab. Funktion und Status der Leistungsgruppe als Gemeinschaft ist vielmehr im Leistungszusammenhang der gesellschaftlichen Kooperation bei der Erarbeitung des Lebens- oder Kulturbedarfes des Gesamtvolkes und daher in der Gemeinwohlordnung begründet." Offenbar hätten im Verlauf des Gesellschaftsprozesses aber die "sekundären" Gruppierungen nach Interessengemeinsamkeiten innerhalb der Berufsgemeinschaften gegenüber den im Sinne der Naturordnung "primären" Berufsgemeinschaften ein gleichgeordnetes und sogar übergeordnetes Gewicht erlangt.

(39) Ders. (NR 1950) 187; vgl. auch 208, 442, 512 u. v. a. sowie zur Dezentralisierung auch 553.

(40) A. a. O., 228; vgl. 230.

(41) Vgl. a. a. O., 331 f.

(42) A. a. O., 332.

(43) Vgl. a. a. O., 333 f.

(44) A. a. O., 333.

(45) A. a. O., 644.

(46) A. a. O., 788 f. Als "ständestaatliche Ideologien" sah Messner vor allem die Systeme Spanns und Heinrichs an.

(47) Vgl. ders., Dollfuß in den geistigen Entscheidungen, in: "Volkswohl" (Dez. 1934) 63, und ders. (SF 5/1938) 638.

(48) Vgl. ders. (NR 1950) 909: Im Sachverzeichnis fand sich beim Stichwort "Berufsständische Ordnung" der weiterführende Hinweis "vgl. Soziale Demokratie".

(49) Vgl. a. a. O., 861 - 863.

(50) A. a. O., 861.

(51) A. a. O., 785 f.

(52) A. a. O., 786.

(53) Vgl. a. a. O., 845 - 863.

(54) A. a. O., 793.

(55) A. a. O., 815.

(56) A. a. O., 802.

(57) A. a. O., 809.

(58) A. a. O., 817.

(59) A. a. O., 520. Der "Bundeswirtschaftsrat" kommt einem in Erinnerung, an ihm ist an sich auch nichts auszusetzen. Messner wollte vielleicht sogar "Gutes" aus der Maiverfassung "retten", auch wenn er es nicht explizit sagte.

(60) Vgl. ebd.

(61) A. a. O., 811 f.

(62) A. a. O., 326; vgl. 700, Anm. 3: "Tatsächlich ist ... die Überwindung dieses Gegensatzes (Kapital - Arbeit, Anm. v. Verf.) nur von der Änderung des Sozialsystems als solchen zu erwarten: von der Einschaltung der Arbeit als einem mit dem Privateigentum gleichberechtigten Ordnungsprinzip der Sozialwirtschaft."

(63) A. a. O., 732.

(64) A. a. O., 327. Messner stellte fest, daß die Kollektivvertragsausschüsse tatsächlich nach diesem Prinzip gebildet seien; er führte auch a. a. O., 327 f. (vgl. 801), weiter die Preiskontrolle als Aufgabe eines paritätischen Ausschusses innerhalb eines Industriezweiges an. Vgl. auch z. B. a. a. O., 551 zur paritätischen Kontrolle der Arbeitsämter und 797 zur Wettbewerbskontrolle durch paritätische Ausschüsse.

(65) A. a. O., 328.

(66) A. a. O., 803 f.

(67) A. a. O., 807.

(68) A. a. O., 738.

(69) A. a. O., 347.

(70) A. a. O., 349.

(71) A. a. O., 731.

(72) A. a. O., 740.

(73) A. a. O., 326; vgl. auch 341. Österreich hat mit seinen Einrichtungen der "Sozialpartnerschaft" einen praktischen Beweis erbringen können.

(74) A. a. O., 352.

(75) A. a. O., 353 f.

(76) A. a. O., 487.

(77) A. a. O., 505.

(78) A. a. O., 515; diese Gefahr sah Messner mit der verwirklichten "sozialen Demokratie" weitgehend gebannt; bezüglich des "Ständestaates" Österreich hat Messner meines Wissens nach keine solche Gefahr ausdrücklich angesprochen, sondern eher noch vor der Verwechslung totalitär - autoritär gewarnt. Dem Herrschaftssystem der Zeit 1934 - 1938 wird man aber mit Wohnout (1993) 434 den Charakter einer weitgehenden "Regierungsdiktatur" zuschreiben müssen.

(79) A. a. O., 489; vgl. auch 505.

(80) A. a. O., 490.

(81) A. a. O., 506 f.

(82) Vgl. a. a. O., 518 - 521.

(83) Vgl. a. a. O., 518 f. Die Idee des "Staatsrates" trat deutlich hervor.

(84) A. a. O., 537.

(85) A. a. O., 548; vgl. 787.

(86) A. a. O., 335.

(87) A. a. O., 484, vgl. besonders 487 - 492.

(88) A. a. O., 485 f.

(89) Geheimer Briefwechsel Mussolini - Dollfuß. Mit einem Vorwort von Vizekanzler Dr. Adolf Schärf. Erläuternder Text von Karl Hans Sailer, Wien 1949, 37; zit. nach Wohnout (1993) 103 (Anm. 41).

(90) Vgl. Holtmann E., Zwischen Unterdrückung und Befriedung, Wien 1978, 13 f.; nach Reichhold (1984) 385 (Anm. 35). Vgl. auch Wohnout (1993) 282 ff.

(91) Vgl. Wiener Zeitung, 21. Okt. 1933; nach Wohnout (1993) 126.

(92) Meßner (NR 1950) 202; hier folgte das uns schon bekannte, vor 1938 verwendete Zitat Augustins (De libero arbitrio, L. I. cap. VI. 14.)

(93) A. a. O., 212.

(94) Vgl. a. a. O., 225.

(95) A. a. O., 272 f., Fettdruck und Klammern bei den Zahlen 1. - 3. v. Verf.

(96) A. a. O., 529, Hervorh. v. Verf.!

(97) A. a. O., 589.

(98) A. a. O., 590 f.

(99) A. a. O., 538; vgl. auch 563.

(100) Vgl. a. a. O., 344 - 347.

(101) A. a. O., 345.

(102) A. a. O., 346; vgl. 511 weiterhin kritisch: "Die Parteiendemokratie mit ihrer Technik der Propaganda gibt außerdem, besonders in Zeiten innerer und äußerer Schwierigkeiten eines Staates, dem Demagogentum eine ungeheure Chance."

(103) Vgl. a. a. O., 526 - 529.

(104) Vgl. a. a. O., 528.

(105) Vgl. a. a. O., 329 - 331.

(106) Vgl. a. a. O., 329 f.

(107) A. a. O., 329.

(108) A. a. O., 330.

(109) A. a. O., 331.

(110) A. a. O., 909.

(111) Vgl. a. a. O., 937 bzw. 911.

(112) Vgl. a. a. O., 861 - 863. Auf die Tatsache, daß dem 190. Unterpunkt jene über den Kapitalismus, Kommunismus und den Sozialismus bzw. die Planwirtschaft vorausgegangen sind, wurde bereits oben hingewiesen. - Der 1949/50 offensichtlich besonders attraktive Begriff der "sozialen Demokratie" wird jedoch bei Messner neben der "Sozialwirtschaft der geordneten Freiheit" etwas zurücktreten, vgl. Messner (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 1307, 1354.

(113) A. a. O., 861

(114) A. a. O., 861 f.

(115) A. a. O., 862, Hervorh. v. Verf.

(116) A. a. O., 863.

(117) Klose (1970) 10.

(118) Pribyl (1991) 16.

(119) Vgl. a. a. O., 19 - 24 und 110 - 113.

(120) Ein allgemeines Stimmungsbild vermittelt recht gut der Artikel "Von der 'heiligen Kuh' zum Freiwild in der Parteienlandschaft. Sozialpartnerschaft im Umbruch: die Ehe ohne Trauschein funktioniert nur noch lustlos" (Kadi M.), in: Die Presse. Unabhängige Tageszeitung für Österreich, Nr. 13.403 (4. Nov. 1992) 8.

(121) Schambeck H., Interessenvertretung und Sozialpartnerschaft, in: Wirtschaftspolitische Blätter, Nr. 1 u. 2 (1970) 27; zit. nach a. O., 27.

(122) Klose A., Quadragesimo anno, der Österreichische Ständestaat und Österreich heute, in: Mückl W. J. (Hrsg.), Die Enzyklika Quadragesimo anno und der Wandel der sozialstaatlichen Ordnung, Paderborn - München - Wien - Zürich 1991 (= Neue Folge, Heft 62/Rechts- und Staatswissenschaftlichen Veröffentlichung der Görres-Gesellschaft), 30.

(123) Vgl. Pribyl (1991) 29 - 33.

(124) Vgl. eine Globus-Graphik in: Der Standard. Österreichs unabhängige Tageszeitung für Wirtschaft, Politik und Kultur, Nr. 1349 (6. Mai 1993) 26.

(125) Vgl. Weiler, in: StL (1. Bd./71985) 698.

(126) Vgl. Messner (SF 61956) 575 - 602.

(127) Vgl. ders. (SF 7/1964) 605 - 640; 605: "Sofort ist klar, daß dieser Ausgleich (der Gruppeninteressen, Anm. v. Verf.) keineswegs ausschließlich die Interessenpolitik der Sozialpartner betrifft, vielmehr ebenso, ja überhöhend, den Ausgleich der Interessen der großen Leistungsgruppen in allen Gesellschaftsbereichen: Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe, Handel, Erziehungswesen, freie Berufe, Beamtenschaft und die anderen Leistungsgruppen."

(128) Ders. (SF 6/1956) 578.

(129) A. a. O., 581.

(130) Ders. (SF 7/1964) 605 f., Hervorh. v. Verf.

(131) A. a. O., 606.

(132) Ders., Der soziale Humanismus, in: ders., Ethik und Gesellschaft. Aufsätze 1965 - 1974, Köln 1975 (= Veröffentlichung der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle Mönchengladbach), 79 (bereits 1965 erschienen).

(133) Ders. (SF 7/1964) 505.

(134) Ders., Mitbestimmung und Mitentscheidung der unselbständig Erwerbstätigen, in: ders. (1975) 234.

(135) Ders. (SF 6/1956) 582, Fettdruck v. Verf.; vgl. ders. (SF 7/1964) 629: Hier wurde aus dem "ist" ein "wäre".

(136) Ders. (SF 71964) 612.

(137) A. a. O., 606 f; vgl. MM 37 u. 65!

(138) Ders., Grundsatzfragen der Wirtschaftsordnung, in: Actio catholica (Wien) 2/1977, 7; zit. nach Klose (1991) 99.

(139) Ders., <Interesse>, in: Kath. Soziallex. (2/1980) 1196.

(140) Weiler (1964) 378.

(141) Klose (1991) 12.

(142) Ders., in: Mückl (Hrsg.; 1991) 29.

(143) Ders. (1991) 57.

(144) Ders. (1991) 13.

(145) Ders., in: Klose/Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1985) 203.

(146) Weiler (1964) 352.

(147) Lachs Th., Wirtschaftspartnerschaft in Österreich, Wien 1976; zit. nach Pribyl (1991) 16.

(148) So Messner in seiner zusammenfassenden Empfehlung des Buches Weiler (1964), dort im Einband.

(149) Klose, Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft, in: Klose/Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1985) 206 f.

(150) Vgl. Weiler, StL (1. Bd./71985) 695 f.

(151) A. a. O., 695.

(152) A. a. O., 697.

(153) Meßner (NR 1950) 674.

(154) Weiler, StL (1. Bd./71985) 697 f.

(155) Vgl. a. a. O., 697.

(156) Messner (1954) 444.

(157) Vgl. Klose, Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft, in: Klose/Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1985) 206; vgl. Meßner (BO 1936) 25 ff., 186 ff.

(158) Vgl. Weiler R., Einführung in die katholische Soziallehre. Ein systematischer Abriß, Graz - Wien - Köln 1991, 115 ff.

(159) Nr. 49; zit. nach der Verlautbarung des Apostolischen Stuhls 101 durch das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 57 f.

(160) Nr. 61; zit. nach a. O., 68.

(161) Vgl. SRS 38.

(162) Vgl. auch Messner J., Kurz gefaßte christliche Soziallehre, Berlin 2/1991, 27 f.

(163) Ders. (1954) 327.

(164) Vgl. ders. (1954) 444.

(165) Ders. (1954) 462.

(166) Ebd.

(167) Ja und Nein (Glosse: Was ist liberal, was berufständisch?), in: Monatsschrift für Kultur und Politik, Herausgeber Johannes Meßner, I. Jg. (1936) 1034.

(168) SRS 41; zit. nach L'Osservatore Romano. Wochenausgabe in deutscher Sprache. Dokumente. Beilage VIII, 18. Jg., Nr. 9 (26. Feb. 1988) 18; vgl. Drèze J. H., Ethik, Effizienz und die Soziallehre der Kirche, in: Päpstlicher Rat Justitia et Pax, Gesellschaftliche und ethische Aspekte der Ökonomie. Ein Kolloquium im Vatikan. 1. April 1993, Bonn 1993 (= Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz [Hrsg.], Arbeitshilfen 107), 50. Vgl. auch Kerber W., Welcher Marktwirtschaft gehört die Zukunft? Überlegungen im Anschluß an Centesimus annus, in: Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1992) 41 f.

(169) CA 5, Fettdruck v. Verf.; zit. nach der Verlautbarung des Apostolischen Stuhls 101 durch das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 9.

(170) Weiler R., Berufsständische Ordnung - sozialethische Idee und politische Wirklichkeit, in: Gesellschaft & Politik, 20. Jg. (4/1984) 14; zit. nach Pribyl (1991) 112. Vgl. auch Weiler, in: Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1992) 130: "Das sozialphilosophisch und -ethisch mitbestimmte Ordnungsdenken kann aber nicht auf der gleichen Ebene wie die Sachgesetze der Sozialwirtschaft verwendet werden (...) Alle grundsätzlich als ökonomische Alternativen gedachten Modelle haben sich auch in der Praxis falsifiziert und sind ideologisch deterministisch begründet." und 135: "Der Fehler bei der Beurteilung von Richtungen der katholischen Soziallehre ... liegt an der mangelnden Unterscheidung von Ordnungsdenken im Grundsätzlichen und von Wegen in der Umsetzung."

(171) Messner, in: Groner (Hrsg.; 1971) 385.

(172) Messner selbst müßte sich bei dieser Thematik loben!

(173) A. a. O., 387.

(174) A. a. O., 388.

(175) Vgl. ders., Das Unternehmerbild in der katholischen Soziallehre, in: ders. (1975) 257 f.: "Das wirkt sich zweifellos weitgehend auf die innerkatholische öffentliche Meinung aus, und diese spiegelt sich in der katholischen Soziallehre mit ihrer Akzentsetzung auf das Soziale, während das Wirtschaftliche nicht die volle Würdigung als 'Kulturfunktion der Unterhaltsfürsorge' erfährt, schon gar nicht in ihrer harten, von unnachgiebigen Realfaktoren bestimmten Wirklichkeit, in der der Unternehmer sich mit seiner Arbeit sieht (...) Die Kulturfunktion der Wirtschaft ist die, wonach der Mensch geheißen ist, sich die Erde untertan zu machen."

(176) Ders., in: Groner (Hrsg.; 1971) 389.

(177) A. a. O., 391, Hervorh. v. Verf.

(178) Ebd., Hervorh. v. Verf.

(179) A. a. O., 391 f.

(180) A. a. O., 392.

(181) Ebd.; hier meinte Messner den bereits angeführten, emigrierten NS-Gegner und Münchener a. o. Professor für Philosophie, Dietrich von Hildebrand, mit seiner ab Nov. 1933 herausgegebenen Wochenschrift "Der christliche Ständestaat". Wir dürfen dabei nicht vergessen, daß Dollfuß dies ermöglichte, was Messner wohl nicht sehr erfreut hatte; vgl. den ersten Kurzexkurs (nach IV. 3.5) in dieser Arbeit und auch Weinzierl E., Kirche und Politik, in: Weinzierl E./Skalnik K. (Hrsg.), Österreich 1918 - 1938. Geschichte der Ersten Republik. Bd. 1, Graz - Wien - Köln 1983, 451 f.

(182) Folgende Beispiele mögen genügen: "Der Ständestaat will die direkte Verbindung mit der Bevölkerung und glaubt, daß das wahre Mitbestimmungsrecht nach diesem Prinzip viel richtiger und klarer zum Ausdruck kommt als je zuvor." oder: "Der christlich-deutsche Ständestaat läßt sich nicht denken ohne ein breites soziales Fundament." Zit. nach Heimatdienst (Hrsg., verantwortlich: Wildmann K.; Wien), Wir bauen auf. Juli 1934 - Juli 1937. H. 12, 20 (1. Zitat) und 23 (2. Zitat). Ein Unterpunkt bei Schuschnigg (2/1988) 66 lautet "Das Wunschbild vom christlichen Ständestaat" (Hervorh. v. Verf.)

(183) Messner (SF 7/1964) 609 f.; der Verf. hat leider keine Möglichkeit gehabt, dem Verhältnis Dollfuß' zum Begriff eines "Ständestaates" genauer nachzugehen. Die Frage stellt sich einerseits aufgrund der Förderung und Titelgebung der von Messner kritisierten Zeitschrift durch den Kanzler und andererseits aufgrund der Auffassung Messners, daß die primär Verantwortlichen keinen "Ständestaat" angestrebt hätten.

(184) Ders., in: Groner (Hrsg.; 1971) 392, Hervorh. v. Verf.

(185) Ebd., Hervorh. v. Verf.

(186) Vgl. Wohnout (1993) 297 ff., 353 ff.

(187) Weiler R., Einführung in die Politische Ethik, Graz 1992, 57; vgl. auch Simon (1988) 79 ff.

(188) A. a. O., 57 f.

(189) Jedlicka L., Vom alten zum neuen Österreich, St. Pölten 1975, 219; zit. nach Reichhold (1984) 383; vgl. in dieser Arbeit die historischen Anmerkungen (IV./2.) und auch Simon (1988) 8 (Wegfall des Kursivdruckes v. Verf.): "Beständig leugnen ganz links und ganz rechts angesiedelte Extremisten die ungeheuren substantiellen Unterschiede zwischen der autoritären Diktatur von 1933 bis 1938 und dem darauffolgenden totalitären Regime des Nationalsozialismus."

(190) Huber W., Zur Geschichte der Wissenschaften, in: Weinzierl/Skalnik (Hrsg.; Bd. 2/1983) 582.

(191) Tálos, in: Gerlich/Grande/Müller (Hrsg.; 1985) 47. Diese Meinung belegt er mit dem bereits bekannten Zitat aus Meßner (BO 1936) 58: "Außerdem aber hat der Staat, dessen Aufgabe ja in der Sorge für das Gemeinwohl besteht, mit starker Hand die Berufstände unter das Gemeinwohl zu beugen und ihre Bestrebungen den Forderungen des Ganzen einzuordnen. - Der staatlichen Autorität ihre volle Hoheit und Macht wieder zu geben, muß ja Folgewirkung der berufständischen Gesellschaftsreform sein. Die Gesellschaftsordnung, welcher der berufständische Gedanke angehört, fordert daher auch den autoritären Staat." (Hervorh. v. Verf.) Nicht sehr viel Unterschied besteht dazu bei Messner (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 300: Je "stärker sich das Eigenleben der Gesellschaft in ihren föderativen und korporativen Gliederungen gebietskörperschaftlicher und berufskörperschaftlicher Art, in Verknüpfung außerdem mit einer Vielfalt von freien, von wirtschaftlichen Gruppeninteressen bestimmten Verbandsbildungen entfaltet, um so unzweifelhafter fordert das Gemeinwohlprinzip den Staat mit starker Autorität, die ihn in der pluralistisch eigenen Interessen anheimgegebenen Gesellschaft für die Erfüllung der ihm wesenseigenen Aufgaben befähigt, nämlich der gesicherten Wahrnehmung der Gemeinwohlordnung und des Allgemeininteresses." (Hervorh. v. Verf.) Vgl. auch ders. (SF 7/1964) 582: "Das Ziel der Sozialreform in dieser Hinsicht ist Selbstordnung der Sozialwirtschaft durch Eigenkräfte der 'Gesellschaft' und damit die Wiederherstellung der Staatsautorität und der Staatsführung ganz für den Dienst am Gemeinwohl und an der Gerechtigkeit. Dieses Ziel wird uns gleich näher beschäftigen als die Frage der berufsständischen Ordnung, nämlich der Gemeinwohlverantwortung in der pluralistischen Gesellschaft."

(192) Röpke W., Die Neuordnung von Gesellschaft und Wirtschaft. Betrachtungen zu Meßners "Die berufständische Ordnung", in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Apr. 1937) 329.

(193) Vgl. z. B. Meßner (BO 1936) 290, Anm. 36, und ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 875 f.: Der "Staat mit berufständischer Ordnung im Sinne von 'Quadragesimo anno' ist der Staat, der, aus der Umklammerung durch den wirtschaftlichen Interessenstreit und durch die gesellschaftlichen Mächte befreit, in voller Hoheit und Kraft der Sorge um das Gemeinwohl obliegen kann, also der autoritäre Staat".

(194) Tálos, in: Gerlich/Grande/Müller (Hrsg.; 1985) 47.

(195) Messner (SF 6/1956) 577; fast wörtlich ebenso ders. (SF 7/1964) 620.

(196) Tálos, in: Gerlich/Grande/Müller (Hrsg.; 1985) 46.

(197) A. a. O., 45: So lautet eine größere Überschrift, in der Messner schließlich eingeordnet wurde. Allgemein werden "Ideologieelemente wie sozialer Ausgleich, Zusammenarbeit und Konsensfindung" angesprochen.

(198) Diamant (1965) 256.

(199) Er zitiert ebd. aus Meßner J., Der katholische Staatsgedanke, in: Schweizerische Rundschau, Einsiedeln, XXXIV (Juli 1934) 286 f. (entspricht wörtlich ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke [Volksbund; 1934] 12 f.): "Eine Verfassung, die den naturrechtlichen Forderungen entspricht, muß in der Tat das monarchische Prinzip verwirklichen, welches die Konzentrierung einer solchen Machtfülle in der Hand der Staatsführung bedeutet, daß die Verwirklichung und Sicherung des Gemeinwohls unter allen Umständen möglich ist ... Dagegen war es immer Lehre der christlich-naturrechtlichen Staatsauffassung, daß die Staatsgewalt selbst, wie jede Autorität, nur von Gott kommt, mag die Bestimmung ihres Trägers auch den Umständen nach verschieden sein, und war es immer ihre Lehre, daß es ein Verstoß gegen das Naturrecht ist, die Staatsgewalt mit Berufung auf angebliche Volksrechte so zu beschneiden, daß die Staatsführung zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohle, die das ungeschriebene Verfassungsgesetz jedes Staates ist und die vor jeder geschriebenen Verfassung gilt, unfähig wird. Das katholische Verfassungsideal verlangt daher den autoritären Staat."

(200) Ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 12.

(201) Vgl. z. B. ders. (SF 4/1934) 172 und ders. (BO 1936) 263 f., Anm. 27.

(202) Ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 13.

(203) A. a. O., 6, Hervorh. v. Verf.; Messner hat also bereits damals das geschichtliche Wesen des Staates nicht übersehen; vgl. ders. (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 761: "Die Naturrechtslehre wird gegen ... Verirrungen um so mehr geschätzt sein, je klarer sie sich vor Augen hält, daß die Naturordnung im Bereich des Staates, fast noch mehr als sonst, sich auf Grundprinzipien allgemeinen Charakters beschränkt."

(204) Schneider H., <Ideologie>, in: Kath. Soziallex. (2/1980) 1139.

(205) A. a. O., 1141.

(206) Messner J., Christliche Soziallehre, in: ders. (1975) 385 f.

(207) A. a. O., 389.

(208) Vgl. a. a. O., 390.

(209) Ebd.; vgl. 389: Messner nannte als Beispiel eine naturrechtlich begründete Verbindung von "Thron und Altar".

(210) Ebd.

(211) A. a. O., 391 f.; vgl. 391: "Mit unserer Betonung der Wirklichkeit halten wir uns an das von der wissenschaftstheoretischen Ideologiekritik selbst festgehaltene Kriterium der Unterscheidung von Wahrheitserkenntnis und Ideologieverfallenheit."

(212) Ders. (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 479; vgl. bereits ders. (NR 1950) 252 ff.

(213) A. a. O., 480.

(214) Ders., Der Funktionär. Seine Schlüsselstellung in der heutigen Gesellschaft, Innsbruck - Wien - München 1961, 15.

(215) Ders. (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 481: Andere Gruppen solcher Faktoren im Sozialsystem seien das Institutionelle, die Abneigung gegen Änderungen in der gewohnten Lebensweise, die politischen Kräfte mit dem Streben nach Herrschaft und Macht in einer Gemeinschaft und die technischen Kräfte in ihrer Auswirkung auf die sozialwirtschaftliche Kooperation.

(216) A. a. O., 482.

(217) Vgl. nur den Titel des folgenden Beitrages, welcher sich zum Teil auf Ausführungen der kurz danach veröffentlichten BO 1936 stützte: ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 869 - 880.

(218) Ders. (NR 7/1984 = Gedächtnisaufl. des NR 6/1966) 483; es sei auch noch auf Weiler (1992) 52 f. verwiesen, der die sittliche Begründung der Politik betont und gegen das Ideologische daran festhält. "Abzulehnen sind jedenfalls totalitäre Ideologien." Zu Beginn des a. O., 52, findet sich folgende Definition: "Unter Ideologien versteht man den Inbegriff ideologisch wirksamer, weltanschaulich begründeter Geistesströmungen zur Legitimierung oder Bekämpfung politischen Verhaltens und politischer Verhältnisse."

(219) Schambeck H., Der Einzelne in Kirche, Staat und Gesellschaft, in: ders. (1992) 145.

(220) So wörtlich z. B. bei Knoll (1933) 24 mit Bezug auf die SF.

(221) Es sei hier erinnert an Meßner (BO 1936) V (Vorwort; Hervorh. v. Verf.): "Die berufständische Ordnung ist für die Gesellschaftswissenschaft wie für die Gesellschaftsreform völliges Neuland, da es kein Beispiel für sie in der Geschichte gibt. Fertige Baupläne und einfache Handregeln, mit denen ein nicht unbeträchtliches Schrifttum gleich aufwarten zu können glaubte, sind daher verfrüht." Realistisch gesehen, gehe es nur um die Klarstellung der Ziele und das Abstecken der nächsten Wegstrecke dorthin. Als Dauer sei dafür mehr als eine Generation anzusetzen. - Für Rauscher, in: Aretz/Morsey/Rauscher (Hrsg.; 1984) 256, ergibt sich aus dieser Passage in der BO 1936 sogar: "Dies beinhaltet auch eine klare Kritik an dem mißlungenen Versuch der Errichtung eines Ständestaates in Österreich."

(222) Rauscher, in: Aretz/Morsey/Rauscher (Hrsg.; 1984) 260.


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